Stilrichtungen
Inhaltsverzeichnis
- Renaissance
- Akt
- Manierismus
- Barock
- Klassizismus
- Romantik
- Nazarener
- Biedermeier
- Historienmalerei
- Landschaftsmalerei
- Stillleben
- Genremalerei
- Naturalismus
- Realismus
- Hudson River School
- Orientalismus
- Impressionismus
- Pointillismus
- Münchner Malerschule
- Berliner Malerschule
- Dresdner Kolorismus
- Symbolismus
- Jugendstil
- Primitivimus
- Naive Kunst
- Fauvismus
- Expressionismus
- Die Brücke
- Der Blaue Reiter
- Kubismus
- Futurismus
- Konstruktivismus
- De Stijl
- Dadaismus
- Bauhaus
- Neue Sachlichkeit
- Verismus
- Magischer Realismus
- Surrealismus
- Phantastischer Realismus
- Informel
- Op-Art
- Zero
- Pop-Art
- Die Neuen Wilden
- Leipziger Schule
Renaissance
Anfang des 14. Jahrhunderts vollzog sich ein Wandel innerhalb der Kunst und des Kunstverständnisses. Die Künstler befreiten sich selbst aus dem Handwerksstand. Sie wurden freie Künstler, die nicht mehr nur nach Wunsch des Auftraggebers arbeiteten, sondern hauptsächlich ihre eigenen Ideen in die Werke einbrachten und diese dann auch signierten. Sie überwanden mittelalterliche Bildformen, indem sie sich mit neuen Möglichkeiten der Darstellung auseinandersetzten. Perspektive und Dreidimensionalität kamen auf.
Der Blick der Menschen änderte sich. Der Einzelne wurde als Individuum betrachtet und geriet ins Blickfeld der Künstler. Durch regeren Austausch mit anderen Städten und Ländern wurde sich nicht mehr nur auf die Religion verlassen. In der Kunst erweiterte sich dadurch das Themengebiet. Nun standen nicht mehr nur sakrale Motive zur Auswahl, auch die umgebende Welt und eine damit verbundene Hinwendung zum Realismus gehörten nun zum Repertoire.
Einer der ersten Maler, der sich mit der neuen Art der Darstellung in seinen Werken auseinandersetzte, war Giotto di Bondone (1267 oder 1276-1337). Giorgio Vasari (1511-1574) nannte in in seinen Schriften den „Vater der Malerei“.
Dieser Neuerungswille in der Kunst kam Anfang des 15. Jahrhunderts erneut auf. Giorgio Vasari sah die Veränderungen, die die Kunst seit dem Trecento vollzogen hatte, wie eine „rinascita“ (Wiedergeburt). Aus dieser Bezeichnung leitete sich im 19. Jahrhundert der Stilbegriff Renaissance (frz. „Wiedergeburt“) für die Kunst des 15. und 16. Jahrhunderts ab.
Inspiriert wurden die Künstler durch Kunstschätze der klassischen Antike. Sie begannen die dort benutzten Proportionen, die Architektur und die Skulpturen zu studieren.
Das erste geistige Zentrum der Renaissance war Florenz. Einer der bedeutendsten Maler war Masaccio (1401-1428). Er entdeckte als einer der Ersten die perspektivische Darstellungsweise. Sein Fresko „Die Heilige Dreifaltigkeit“ in der Kirche Santa Maria Novella in Florenz gehört zu den frühesten Darstellungen in der eine malerische Perspektive durch einen Fluchtpunkt erzielt wurde. Aber auch Maler wie Antonio del Pollaiuolo (1432-1498) waren ausschlaggebend für die weitere Entwicklung der Kunst. Er war einer der ersten Künstler, der sich einem neuen Genre widmete. Der Portraitmalerei. So weckte er das Interesse an der Darstellung des Menschen als Individuum. Die Künstler begannen nun die Welt um sich herum subjektiver darzustellen und zu studieren. Piero della Francesca (1410/1420-1492) war einer der ersten Maler der Frührenaissance, der seine Bildkonstruktionen bis ins kleinste Detail berechnete und studierte. Auch Künstler, wie Paolo Uccello (1397-1475), Fra Angelico (1395-1455), Benezzo Gozzoli (1420-1497), Andrea del Castagno (1423-1457), Domenico Veneziano (1410-1461), Andrea Mantegna (1431-1506) und Sandro Botticelli (1445-1510), der durch seine Darstellungen von Szenen aus der griechischen Sagen- und Götterwelt ein weiteres Themenfeld der Kunst eröffnete, haben mit ihren Werken Einfluss auf die weitere Kunst der Renaissance genommen. Aber auch Filippino Lipi (1457-1504), Pisanello (1395-1455), Giovanni Bellini (1430-1516), Antonello da Messina (1430-1479), Lehrer von Michelangelo Buonarotti, Domenico Ghirlandaio (1449-1494) , und der Lehrer von Leonardo da Vinci, Andrea del Verrocchio (1435-1488) zählen zu den bedeutendsten Künstlern der Frührenaissance.
Ab Beginn des 16. Jahrhunderts wird mit Künstlern wie Leonardo da Vinci (1452-1519), Michelangelo Buonarotti (1475-1564) und Raffael (1483-1520) die Hochrenaissance in Rom, das nun Florenz auf Grund des Pontifikats Julius II. und seiner Liebe zur Kunst als geistiges Zentrum der Kunst abgelöst hatte, eingeleitet. Die Künstler beherrschten nun die Gestaltung von Raum, Farbe, Körper, Licht und Bewegung vollendet.
Neben Rom und Florenz konnte auch Venedig als drittes Kunstzentrum der Renaissance gesehen werden. Maler, wie Tizian (um 1488/90-1576), widmeten sich dort nicht mehr nur der reinen Nachbildung der Wirklichkeit. Für ihn war nicht mehr nur der mathematisch konstruierte Bildaufbau wichtig, sondern auch die malerische Anlage des Werkes. Er experimentierte mit neuen Farben und neuen Techniken, die er sich bei niederländischen Malern seiner Zeit abgeguckt hatte: die Ölmalerei. Durch sie konnten andere Wirkungen erzielt werden als durch Tempera- und Freskomalerei. Durch die neue Farbe ergab sich die Möglichkeit eines neuen Bildträgers. Da Ölfarbe nach ihrer Trocknung elastischer wird, wurde nun versucht nicht nur auf Holz, sondern auch auf Leinwand zu malen.
Die Landschaft rückte mehr und mehr ins Blickfeld der Künstler. Sie wurde nicht mehr nur Beiwerk im Hintergrund der Darstellungen, sondern neben der Farbgebung zum Träger der Atmosphäre. Giorgione (1478-1510) verwendete als einer der Ersten die Landschaft als Stimmungsträger in seinen Werken. Weitere bedeutende Künstler der Hochrenaissance waren Paolo Veronese (1528-1588), Jacopo Robuste, genannt Tintoretto (1518-1594), Alessandro Moretto (1498-1554), sein Schüler Giovanni Battista Moroni (1525-1578) und Lorenzo Lotto (1480-1556).
Akt
Der Akt lässt sich in allen Ausführungen der Kunst finden. Ob als Gemälde, Skulptur, Plastik oder Fotografie. In jeglichen Materialien versuchten die Künstler den menschlichen Körper zu studieren und darzustellen.
Ursprünglich bezeichnete der Begriff „Akt“ eine grafische Studie des menschlichen Körpers: die Aktstudie. Allerdings kann diese Begriffsdefinition nicht pauschal auf die Darstellung des Aktes angewendet werden.
Der erste Akt wurde 25.000 v. Chr. geschaffen. Die „Venus von Willendorf“. Eine 11cm große Skulptur aus Kalkstein, die mit ihren großen, runden Proportionen wie ein Fruchtbarkeitssymbol anmutet.
Im antiken Griechenland wurde der Akt ab 1200 v. Chr. zum selbstständigen Kunstgegenstand. Mit Beginn des Mittelalters im 6./7. Jahrhundert wandelte sich die Ansichtsweise. Bis ins 15. Jahrhundert galt der nackte Körper und seine Darstellung als Sünde. Nur in religiösen Motiven durfte darauf zurück gegriffen werden, wenn es die biblische Vorlage hergab. Wie zum Beispiel bei der Darstellung von Adam und Eva, die sich vor dem Aufeinandertreffen mit der Schlange ihrer Nacktheit nicht bewusst waren.
Das Einsetzten der Renaissance brachte den Akt als eigenständiges Kunstwerk zurück und nahm das klassische Bild der römischen und griechischen Antike wieder auf.
Auch wenn wir heutzutage den Akt in männlicher als auch weiblicher Ausführung haben, ist das erst ein Produkt der Zeit. Bis ins 17. Jahrhundert wurden als Modelle hauptsächlich männliche Personen gewählt. Erst danach wurde es immer üblicher auch Frauen nackt zu portraitieren.
Das Idealbild des männlichen Aktes der griechischen Antike ist weit verbreitet. Durch sportliche Wettkämpfe und die Darstellungen der nackten Sportler entwickelte sich eine Idealvorstellung des Bildes eines nackten jungen Mannes. Auch bei wieder Aufgreifen dieser Ideale wurde auf dieses Prinzip zurück gegriffen.
Im Laufe der Zeit jedoch rückte auch das männliche Individuum immer mehr in den Vordergrund, sodass bis in die modernen Stilrichtungen nicht mehr zwangsläufig nur Idealbilder des nackten Mannes entstehen mussten.
Ganz im Gegensatz zu diesem Idealbild des männlichen Aktes steht der weibliche Akt.
Anfangs meist als idealtypisches Schönheitsideal dargestellt, findet man den weiblichen Akt oft in schwachen Positionen oder sich lasziv räkelnd wieder.
Mit dem Wandel des Frauenbildes verändert sich aber auch diese Darstellungsweise. In starken Positionen symbolisiert die nackte Frau nicht mehr nur die körperliche Anziehung, sondern kann auch für geistige Motive einstehen.
Auch wenn der Akt oft die Vorstellung einer erotischen Darstellung hervorruft, war und ist das in den wenigsten Ausführungen der Fall. Als Studie des Körpers, Wiedergabe von alltäglichen Situationen und Ausdruck politischer und ethischer Vorstellungen kann der Akt eher verstanden werden.
Manierismus
Der Manierismus beschreibt eine “Spätform” der Renaissance, die sich in Italien zwischen 1520-1600 ausprägte und sich nördlich der Alpen bis Mitte des 17. Jahrhunderts erstreckte.
Auch wenn diese Epoche nicht durch einen einheitlichen europäischen Stil geprägt wurde, wurden die Künstler durch ihren irritierenden, formal ungewöhnlichen Blick auf die Dinge vereint.
Der Begriff “Manierismus” wurde Ende des 18. Jahrhunderts von dem Kunsthistoriker Luigi Lanzi eingeführt. Seit dem 14. Jahrhundert wurde der individuelle Stil des Künstlers als seine “maniera” bezeichnet. Luigi Lanzi verwendete diesen Ausdruck als Beschreibung der bewussten Nachahmung der Manier der Renaissancekünstler und deren bewusste Überspitzung der klassischen Renaissancenormen. Die Raumfluchtung wurde ins Grenzenlose gesteigert und Vorder- und Hintergründe wurden in unklare Beziehungen zueinander gestellt. Unruhige Farbkontraste, überlängte und gleichzeitig feine Gliedmaßen und unverhältnismäßig proportionierte Köpfe und Körper waren charakteristisch für den Manierismus.
Es fand keine Orientierung mehr an der klassischen Kunst der Antike und Natur statt, vielmehr wurde sich an zeitgemäßen Idealen der Anmut orientiert. Rätselhafte Allegorien, die nicht mehr von Jedermann verstanden wurden, fanden größere Beliebtheit als die harmonischen Formen der klassischen Einfachheit. Oft lässt sich diese Art der Darstellung bei Jacopo da Pontormo (1494-1557), Parmigianino (1503-1540), Jacopo Tintoretto (1518-1594), El Greco (1541-1614) oder der Schule von Fontainebleau finden.
Auch die Figura serpentinata, eine Darstellung in starker Drehung und gewagte Farbkombinationen oder betont kühle Farben in der Portraitmalerei, wie bei Agnolo Bronzino (1503-1572), sind weitere Merkmale der Epoche.
Genauso wurden nun Ornamentformen “fantastisch” gestaltet. Sie bestanden meist aus feingliedrigem, leichtem und luftigem Rankenwerk. Pflanzliche Formen, Tiere, Menschen, phantastische Mischwesen und architektonische Elemente vervollständigen diese Groteskenmalerei. Außerhalb Italiens wurde dieser Stil durch den Maler Cornelis Floris (1514-1575) verbreitet und der damit ausschlaggebend für die Namensnennung “Florisstil” war.
Weitere Hauptvertreter des Manierismus waren Andrea del Sarto (1468-1530), Rosso Fiorentino (1495-1540), Guiseppe Arcimboldo (1526-1593), Benvenuto Cellini (1500-1571), Giovanni da Bologna, genannt Giambologna (1529-1608), Guilio Romano (1499-1546), Bartholomäus Spranger (1546-1611), Adriaen de Vries (1556-1626), Frau Bartolomeo (1472-1517), Antonio da Correggio (1494-1534), Jean Goujon (1510-1564/69), Jean Clouet (1485-1540/41), Giovanni Sodoma (1477-1549) und Domenico Beccafumi (1486-1551).
Barock
Die Epoche des Barock beschreibt die Zeit ab Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts und steht für eine Fortführung der Renaissance und des Manierismus.
Die Formensprache der beiden vorangegangenen Epochen wird übernommen und bewusst übersteigert, dynamisiert und multipliziert. Es entstand eine bewegte, raumgreifende, üppige und pathetisch-repräsentative Kunstform.
Von Italien ausgehend verbreitete sich der barocke Stil über Frankreich, England, die Niederlande, Spanien und Zentraleuropa.
Der Begriff “Barock” hat seinen Ursprung wahrscheinlich im portugiesischen “barocco” und bedeutet so viel wie “ungleichmäßige, schiefrunde Perlen”. Der Begriff verselbstständigte sich und stand nun für das Seltsame und Wunderliche.
Künstler, wie Annibale (1560-1609) und Ludovico Carracci (1555-1619), begannen mit allen Gattungen der Malerei zu experimentieren. Sie entwickelten den Prototyp des lichterfüllten barocken Bildes aus der Bewegtheit Antonia da Correggios (1489-1534), der Farbigkeit und Komposition Raffaels (1483-1520) und den dynamischen Figuren Michelangelos (1475-1564).
Die Farbigkeit wurde auf den Vierklang Rot-Blau-Gelb-Grün reduziert und religiöse Bilder auf wichtige Figuren reduziert, sodass die Bildaussage auch für Laien leicht erkennbar wurde.
Zu Anfang der Epoche stachen vor allem die Künstler der “Bologneser Schule” hervor. Sie betteten ihre religiösen Szenen in beruhigende Landschaften ein und gaben ihren Darstellungen eine lichte Farbigkeit und zurück genommene Kompositionen. Die Künstler Domenichino (1581-1641), Guido Reni (1575-1642) und Giovanni Lanfranco (1582-1647), Guercino (1591-1666) und Pietro da Cortona (1596-1669), die als “Erfinder” des barocken Deckenbildes mit Figuren in oft extremer Untersicht (sotto-in-su) bekannt sind, sind hier als Hauptvertreter zu nennen. Ein weiterer wichtiger Vertreter der barocken Deckenmalerei war der Künstler Andrea Pozzo (1642-1709). Seine Werke gelten als Höhepunkt der Deckenfresken.
Gegensätzlich zum Stil der “Bologneser Schule” stand die Kunst von Michelangelo Merisi, genannt Caravaggio (1573-1610). Seine harte Helldunkel-Lichtregie lassen seine Figuren aus dem schwarzbraunen Hintergrund heraustreten und sich hervorheben. Mit dieser Art der Malerei beeinflusste er seine nachfolgende Generation, zu der sich Carracciolo (1570-1637), Hendrick Terbrugghen (1588-1629) und Simon Vouet (1590-1649) zählen lassen.
Die wichtigste Malerin des Barock war die Künstlerin Artemisia Gentileschi (1597-1652). Gemeinsam mit ihrem Vater Orazio Gentileschi (1563-1639/40) und Guiseppe Ribera (1591-1652) verbanden sie die vorangegangenen Stile der “Bologneser Schule” und Caravaggios.
Weitere wichtige Vertreter der Epoche waren Diego Velázquez (1599-1660), Esteban Murillo (1617-1682), Francisco de Zubarán (1598-1664), Adam Elsheimer (1578-1610), Georg Flegel (1566-1638), Nicolas Poussin (1594-1665), Claude Lorrain (1600-1652), Georges de la Tour (1593-1652), Peter Paul Rubens (1577-1640), seine Schüler Jacob Jordaens (1593-1678) und Anthonis van Dyck (1599-1641), Jan Brueghel d. Ä. (1568-1625), Jan Brueghel d. J. (1601-1678), Frans Hals (1581/85-1666), Rembrandt van Rijn (1606-1669) und Jan Vermeer van Delft (1632-1675).
Klassizismus
Der Klassizismus entwickelte sich Mitte des 18. Jahrhunderts als Gegenbewegung zum Barock und Rokoko. Unter Einfluss der rationalen Philosophie der Aufklärung kam eine verstärkte Rückwendung auf antike Formen und Themen auf. Die mit der Aufklärung einhergehende industrielle Revolution und der Zerfall der absolutistischen Feudalherrschaft veränderten die Auffassung von Gott, der Welt und dem Menschen. Der christliche Glaube büßte in seiner zentral gesellschaftlichen Wirkungsweise ein. Auch in der Kunst verschwanden religiöse Motive. Mythologische Szenen wurden durch historische Szenen ersetzt. Es wurde auf antike Historie und bürgerliche Bildwelten zurückgegriffen. Ganz nach der Maxime der Aufklärung, die dem verstandesmäßigen Erfassen der Welt Priorität einräumte, wollten auch die Künstler eine klare, verstandesmäßig geleitete Kunst. Auch Ausgrabungen in Herculaneum und Pompeij rückten die Kunst der griechischen und römischen Antike ins Blickfeld der Künstler. Antike Kunst als ästhetisches Vorbild um zeitgenössisches Gedankengut und aktuelle Weltsicht darzustellen.
Die Kunst wurde nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie wurde eine Angelegenheit der Öffentlichkeit und war nicht mehr unbedingt abhängig von einzelnen Auftraggebern. Die Künstler begannen sich zunehmend Bildthemen selber auszusuchen und subjektiv zu gestalten ohne zwangsläufig auf einen vorgegebenen Themenkanon und das übliche ikonografische Repertoire zurück zu greifen. Ziel der Künstler war es der Wirklichkeit des Lebens die Wirklichkeit der Kunst gegenüberzustellen und nicht ausschließlich die wahrgenommene Wirklichkeit auf nachahmende oder idealisierte Weise darzustellen. Durch einen fast fotografischen Realismus, eine kühle und zurückgenommene Farbigkeit, harte Umrisse, eine statische Komposition, Verzicht auf illusionistische Raumwirkungen und atmosphärische Aufladung und eine Vernachlässigung lebhafter Licht- und Schattenmodellierungen erreichten die Künstler eine nüchterne Darstellung, die eine Distanz zum Betrachter aufkommen ließ. Die Gemälde wurden Träger von Botschaften und eine Ausformung der Gesinnung des Künstlers. Dem gegenübergestellt wurde die verklärte Sicht der Romantik, die zur gleichen Zeit aufkam wie der Klassizismus.
Als Hauptmeister wird oft der Maler Jacques-Louis David (1748-1825) genannt, der neben den Künstlern Anton Raphael Mengs (1728-1779), Jacob Philipp Hackerts (1737-1807) und Johann Joachim Winckelmann (1717-1768) den Beginn des Klassizismus einläutete.
Auch Maler wie Antoine-Jean Gros (1771-1835), ein Schüler Jacques-Louis Davids und Chronist von Napoleon Bonaparte, Jean Auguste Dominique Ingres (1780-1867), Philipp Hetsch (1758-1838), Christian Gottlieb Schick (1776-1812), Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751-1829), Angelika Kauffmann (1741-1807), Joseph Anton Koch (1768-1839), Carl Rottmann (1797-1850) und Salomon Gessner (1730-1788) zählen zu den Hauptvertretern dieser Gattung. Zu Künstlern der Spätklassizistischen Zeit gehören Bonaventura Genelli (1798-1868) und Peter von Cornelius (1783-1867), sowie die Bewegung der Nazarener.
Romantik
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelten sich viele Stile, die sich hauptsächlich aus dem subjektiven Gefühlsleben der Künstler zusammensetzten. Man fasste sie unter der Bezeichnung „Romantik“ zusammen. Auch wenn sie weniger durch ein gemeinsames Programm oder einen einheitlichen internationalen Stil verbunden waren, wurden sie durch die Ablehnung von klassizistischen Prinzipien vereint. Die Zeit der Aufklärung rief bei den Menschen neue Ideen und Mentalitäten hervor. Der selbstdenkende und verantwortungsbewusste Mensch wurde als Individuum wertgeschätzt. Dieser Denkansatz war schon in der klassizistischen Kunst sichtbar. In der Romantik erfuhr er eine Steigerung. Das Ich und das damit verbundene subjektive Empfinden wurde zum neuen Inhalt der Kunst. Stimmungsvolle und gefühlsbetonte Inhalte waren charakteristisch für die romantischen Darstellungen. Die aus dem Gefühl resultierende individuelle Vorstellungskraft sollte dem Betrachter nähergebracht werden. Das Fühlen sollte das Erlebte bestimmen. Auch wenn die Künstler akademische Traditionen des Malstils teilweise beibehielten, schufen sie doch einen neuen Themenansatz und eine neue Aufgabe des Künstlers. Sie sahen sich als „Organ der Weltenseele“. Als „Deuter der Welt“, der die objektive Sicht der Welt durch sein subjektives Empfinden filtert und auf diese Weise das eigene Gefühlserleben an die Menschen weitertragen konnte. Inspiriert wurden die Künstler von Literaten und Philosophen. Die romantischen Ansätze von Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Johann Gottlieb Fichte, Ludwig Tieck und Heinrich Wackenroder veranlasste die Künstler im deutschsprachigen Raum sich als Erste dieser Stilrichtung zu widmen. Ihre Werke wurden geprägt von Weltschmerz, Einsamkeit und einer Sehnsucht nach der Natur.
Karl Friedrich Schinkel (1781-1841), Caspar David Friedrich (1774-1840) und Maler aus den Kreisen der Nazarener, wie Wilhelm von Schadow (1788-1862), Franz Pforr (1788-1812) und Peter von Cornelius (1783-1867) zählten zu bedeutenden Vertretern der Romantik. Sie widmeten sich hauptsächlich der Landschaftsmalerei. Für sie war die Natur der Spiegel der Seele und stand als Sinnbild für Freiheit und Grenzenlosigkeit. Ihr stellten sie oft die Begrenztheit des Menschen gegenüber. Meist als einsame Gestaltet, die den Mächten der Natur ausgeliefert waren. Aber auch Vanitas-Motive, wie abgestorbene Bäume, überwucherte Ruinen sollten die Endlichkeit des Lebens und den Kreislauf des Werdens und Vergehens aufzeigen. Auch wenn sie sich bei der Behandlung der Licht- und Schatteneffekte am Barock orientierten, wollten sie, anders als die Künstler im Barock, den Betrachter mit einbeziehen. Der Betrachter schaut meist mit den dargestellten Figuren (oft Rückenfiguren) in die Weite der Landschaft.
Auch in Frankreich entwickelte sich eine romantische Strömung. Allerdings erst etwas später. Nach den Befreiungskriegen, der Abdankung Napoleons 1814 und der Rückkehr zur Monarchie unter Ludwig XVIII. wurde die klassizistisch geprägte Malerei eines Jacques-Louis David (1748-1825) von der beiden wichtigsten Vertretern der Romantik in Frankreich, Eugène Delacroix (1798-1863) und Théodore Géricault (1791-1824), abgelöst. Sie konzentrierten sich hauptsächlich auf die Darstellung von „wilden Abenteuern“ und fernen exotischen Ländern. Sie erkannten den Stellenwert der Farbe und des Lichtes und die damit verbundene Wirkung auf die dargestellte Stimmung.
Weitere wichtige Vertreter waren die Künstler John Constable (1776-1837), William Turner (1775-1851), Carl Gustav Carus (1789-1869), William Blake (1757-1827), Johann Heinrich Füssli (1741-1825), Moritz von Schwind (1804-1871), Philipp Otto Runge (1777-1810), Carl Rottmann (1797-1850), Adrian Ludwig Richter (1803-1884) und Carl Spitzweg (1808-1885).
Nazarener
Die “Nazarener” stehen für eine Künstlergruppe innerhalb der Romantik. 1809/1810 schlossen sich die Künstler Friedrich Overbeck (1789-1869), Franz Pforr (1788-1812), Johann Konrad Hottinger (1788-1827), Joseph Sutter (1781-1866), Ludwig Vogel (1788-1879) und Joseph Wintergerst (1783-1867) nach mittelalterlichem Vorbild zu einer Bruderschaft, dem “Lukasbund”, zusammen. Verbunden durch eine gemeinsame Ablehnung der Kunst des Klassizismus und dem Aufbegehren gegen die starren Lehrmethoden an der Wiener Akademie, wollten sie eine Kunst schaffen, die trotz historistischen Motiven eine Kritik an der vernunftbetonten Haltung der Klassik üben sollte. Mit teils historistisch-verklärten Darstellungen widmeten sich die Künstler hauptsächlich biblischen Themen und strebten eine Erneuerung der Kunst im Geiste des Christentums an. Dieses Vorhaben gipfelte in einem Rückzug der Maler 1810 in ein Kloster bei Rom. Auf Grund der Konzentration auf christliche Motive und ihrem Zusammenschluss zum “Lukasbund” wurden sie “Nazarener” genannt. Anfangs noch als Spottname verwendet, wurde er im Laufe der Zeit immer gebräuchlicher.
Stilistisch orientierten sich die Maler an der Kunst der italienischen und deutschen Früh- und Hochrenaissance. Besonderes Interesse kam für die Malerei Raffaels und Dürers auf. Eine exakte, scharf konturierende Linienführung und die häufige Verwendung von pastelligen Farben waren charakteristisch für die Werke der Gruppe. Gefühle und Stimmung sollten über die Farbgebung an den Betrachter weitergegeben werden.
Ein großer Einfluss der Kunst der Nazarener waren an den Malerschulen in Düsseldorf, Berlin und München zu erkennen. Weitere Hauptvertreter der Gruppe waren die Maler Peter von Cornelius (1783-1867), Julius Schnorr von Carolsfeld (1794-1872), die Brüder Ferdinand (1785-1841) und Friedrich Olivier (1791-1859), Joseph Anton Koch (1768-1839), Johann Evangelist Scheffer von Leonhardshoff (1795-1822) und Carl Philipp Fohr(1795-1818).
Biedermeier
Die Bezeichnung „Biedermeier“ beschreibt eine Stilrichtung der Kunst, die sich mit dem bürgerlichen Lebensstil beschäftigte und geprägt wurde durch Bescheidenheit und Genügsamkeit. Ursprünglich wurde der Begriff „Biedermeier“ zwischen 1855-1857 in der Münchner Zeitschrift „Fliegende Blätter“ verwendet. Dort veröffentlichten Ludwig Eichrodt und Adolf Kussmaul unter dem Pseudonym des fingierten Spießbürgers „Gottlieb Biedermeier“ parodistische Gedichte. Daher auch negativ behaftet, wurde der Name jedoch ab 1900 für die Zeit des Vormärzes zwischen 1815-1848 verwendet und kann in manchen Teilen zur Spätromantik gezählt werden. Da die Ideen der Romantik durch die neu aufkommenden Grundsätze der Restauration zurückgedrängt wurden und es für die „einfachen“ Bürger keine politische Mitwirkungsmöglichkeit gab, zog sich der Bürger in seine private Idylle zurück. Die Künstler dieser Stilrichtung versuchten sich also immer mehr dem Realismus zu zuwenden. Auch wenn sie diesen oft idealisiert und übersteigert darstellten.
In meist kleinformatigen Werken erzählten sie Geschichten aus dem alltäglichen Leben, zeigten humorige oder sentimentale Genrebilder, Landschaftsbilder oder Portraits. Religiöse und historische Motive bekamen kaum noch Beachtung.
Einer der bedeutendsten Künstler des Biedermeier war Carl Spitzweg (1808-1885). In seinem Gemälde „Der arme Poet“ vereint er all die Charakteristika des Biedermeier.
Eine weitere Besonderheit der Darstellungen waren die sogenannten Zimmerbilder, in denen eine detailgetreue Wiedergabe der Wohnräume gegeben wurde. Ein gutes Beispiel dafür ist das „Zimmerbild“ von Eduard Gaertner (1801-1877) von 1849.
Auch die Künstler Johann Peter Hasenclever (1810-1853), Georg Friedrich Kersting (1785-1847), Franz Krüger (1797-1857), Ferdinand Georg Waldmüller (1793-1865), Franz Xaver Winterhalter (1805-1873), Moritz von Schwind (1804-1871), Friedrich Gauermann (1807-1862), Josef Kriehuber (1800-1876), Joseph Anton Koch (1768-1839) und in seinen Frühwerken Adolph von Menzel (1815-1905) zählen zu bedeutenden Vertretern der Gattung.
Historienmalerei
Bis ins 19. Jahrhundert reichend zählt die Historienmalerei zu einer der höchsten Gattungen der Malerei. Mythologische und religionsgeschichtliche Aspekte werden genauso wiedergegeben wie außergewöhnliche, nicht alltägliche historische Geschehnisse und bedeutende Persönlichkeiten. Nationales Geschichtsbewusstsein gepaart mit der romantischen Bewegung dieser Zeit gipfelt in einer „patriotischen“ Monumentalkunst, die geprägt wird durch die Malerei des Peter von Cornelius (1783-1867), des Julius Schnorr von Carolsfeld (1794-1872) und Alfred Rethel (1816-1859), dessen Zyklus über Karl den Großen beispielhaft für das Auseinandersetzen der Künstler mit der landeseigenen Geschichte ist. Aber auch Maler der nächsten Generation widmen sich geschichtlichen Themen, die sie unter dem Aspekt politischer Zeitbezogenheit im Sinne bürgerlich-liberaler Ideen umsetzen. Ein gutes Beispiel ist Carl Friedrich Lessings (1808-1880) Gemälde “Hussitenpredigt”, in dem er die Gestalt des Protestanten Jan Hus als aktuelles Symbol des eigenen Kampfes um bürgerliche Freiheit nimmt. Es geht allerdings nicht nur um eine Umsetzung des Dargestellten mit politischem Aspekt, sondern auch um eine detailgetreue Wiedergabe historischer Gegebenheiten. Carl Theodor von Piloty (1826-1886), einer der Hauptfiguren der deutschen Geschichtsmalerei der Gründerzeit, ist genauso auf historische Treue bedacht, wie Adolph Menzel (1815-1905), der in seinem Gemälde “Flötenkonzert Friedrich des Großen in Sanssouci” von 1852 die Räumlichkeiten und historischen Begebenheiten zur Zeit des Preußenkönigs Mitte des 18. Jahrhunderts detailgetreu wiedergibt. Genauso werden auch rein christliche Darstellungen zu den Historienbildern gezählt, wie die Gemälde von Eduard von Gebhardt (1838-1925). Im Laufe der Zeit gewinnt die Historienmalerei immer mehr an Beliebtheit und entwickelt sich weiter vom reinen Historienbild mehr und mehr zu einem historischen Schaustück. Hans Makart (1840-1884), Schüler von Carl Friedrich von Piloty, lässt sich hier als einer der Künstler nennen, die bei dieser Wandlung der Gattung Vorreiter waren. Auch in der Monumentalkunst lässt sich diese Malerei vermehrt finden, was ihr weitere Beliebtheit einräumt.
Landschaftsmalerei
Die Landschaftsmalerei befasst sich mit idealisierten und realistischen Darstellungen von Natur und Kulturlandschaften. Ursprünglich mehr als Hintergrund dienend, gewinnt die Landschaft als Motiv selbst ab dem 17. Jahrhundert mehr und mehr an Bedeutung. Anfangs als reine Studie gehalten, kommt zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine Wendung in der Einstellung zu einem subjektiven Erleben der Welt als auch eine Wandlung in der Wahrnehmungen von Erscheinungen auf. Die Künstler der Romantik sahen in der Natur die Quelle von leidenschaftlichen Gefühlen. Maler, wie Caspar David Friedrich (1774-1840) suchten in der Natur einen transzendentalen Bezug. Die Kunst sollte Utopien sichtbar machen und ein neues Ideal- und Leitbild herstellen. Die Romantik der europäischen und deutschen Landschaftsmalerei beeinflusste auch Künstler Kontinent übergreifend. Die Maler der Hudson River School, wie Albert Bierstadt (1830-1902), schufen im Austausch mit deutschen Malern der Romantik, vor allem Mitgliedern des Künstlervereins Malkasten in Düsseldorf, ihre Landschaftsdarstellungen. Andreas Achenbach (1815-1910) mit seinen Seestücken oder Wilhelm Schirmer (1802-1866) sind hier als Vorbilder zu nennen. Genauso setzten sich die Maler William Blake (1757-1827) und William Turner (1775-1851) mit der Wirkung von Raum und Licht auseinander ganz nach dem Vorbild Caspar David Friedrichs. Aber auch Maler des Klassizismus schufen zur gleichen Zeit ganz gegensätzliche Darstellungen von Landschaften. Joseph Anton Koch (1768-1839), Johann Christian Reinhart (1761-1847), Philipp Hackert (1737-1807) und Caspar Goar Wolf (1735-1783) orientierten sich weiterhin an alten Vorbildern und wollten im Gegensatz zu den Romantikern den idealen Weltentwurf sichtbar machen. In den 1830er Jahren nahm der Wunsch nach realistischen Landschaftsdarstellungen zu. Maler, wie Adolph Menzel (1815-1905), der als einer der ersten Industriemaler galt, Karl Blechen (1798-1840) und J. Metzler, der hauptsächlich Landschaften des Niederrheins malte, wandten sich von der romantischen gefühlsbasierenden Malerei ab und konzentrierten sich auf eine realistische Wiedergabe der Licht- und Farbeffekte der Natur. Auch ein französisch, impressionistischer Einfluss wird deutlich. Carl Spitzweg (1808-1885), Hans Thoma (1839-1924), Wilhelm Leibl (1844-1900) und Fritz von Uhde (1848-1911) schufen ihre Werke ganz im Sinne der französischen Freilichtmalerei (plein air). Im 20. Jahrhundert wandelt sich der Wunsch nach realistischen Darstellungen hin zu einer Auseinandersetzung mit äußeren Erscheinungen und innerer Wirkkraft, die eine Entfremdung von Mensch und Natur zeigt. Von Künstlern, wie Max Liebermann (1847-1935), Max Slevogt (1868-1932), die sich noch an einer impressionistischen Darstellung orientieren. Über Künstler, wie Max Pechstein (1881-1955), Emil Nolde (1867-1956) und Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938), die sich hauptsächlich mit der Wiedergabe der unberührten Natur exotischer Länder beschäftigten. Den melancholischen Landschaften eines Fritz Lattke (1895-1980). Zu fotorealistischen Landschaften eines Gerhard Richter (1932) und Helmut Ditsch (1962), sowie den abstrakten Darstellungen eines Anselm Kiefer (1945), Hans-Jürgen Kleinhammes (1937-2008) und Werner Nöfer (1937), wird dieser Versuch des Verstehens deutlich
Stillleben
Die Darstellung von unbewegten oder leblosen Gegenständen, wie Blumenarragements, Früchte, Jagdbeute, Waffen oder Bücher, nach ästhetischen oder symbolischen Gesichtspunkten angeordnet waren zu jeder Zeit beliebt. Schon aus der Antike lassen sich Wandmalereien mit Stillleben-Kompositionen finden. In der Kunst des Mittelalters aus den Augen verloren, begannen die Künstler der frühen Renaissance, wie Albrecht Dürer (1471-1528), Jacopo de’ Barbari (1440/70-1516) und Hans Hohlbein d.J. (1497-1643), sich wieder mit leblosen Arrangements auseinanderzusetzen. Auch in der Kunst des Barock, bei der sich Flandern, Holland und Deutschland in der Entwicklung hervortaten, wurde sich weiter mit der Entwicklung des Stilllebens beschäftigt. Frans Snyders (1579-1657) und Ludger tom Ring (1522-1584) lassen sich hier als bedeutende Künstler nennen.
Ihren Höhepunkt erreichte diese Gattung in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. Die Ausarbeitung mit symbolischen Botschaften, insbesondere bei Vanitas-Stilleben, die an die Vergänglichkeit des Lebens erinnern sollten, wurde besonders wichtig. In Südeuropa begann die Entwicklung später. Erst nach 1600 fertigten Maler, wie Francisco de Zurbarán (1598-1664) derartige Kompostionen. In Frankreich entstanden die ersten Stillleben dieser Art im 17./18. Jahrhundert. Jean Siméon Chardin (1699-1779) konnte als einer der ersten französischen Stilllebenmaler genannt werden.
Genau wie die Freilicht- und Landschaftsmalerei erlebte das Stillleben im 19. Jahrhundert eine neue Blütezeit. Auch in Düsseldorf und Berlin zählen einige Künstler zu wichtigen Vertretern dieser Gattung. Johann Wilhelm Preyer (1803-1889), der den Grundstein für die Stillleben-Malerei an der Düsseldorfer Kunstakademie legte, und Jakob Lehnen (1803-1847) in Düsseldorf und René Grönland (1849-1892), Theude Grönland (1817-1876) und Margarethe Hormuth-Kallmorgen (1857-1916), die Frau Friedrich Kallmorgens (1856-1924), in Berlin, zeigen mit ihren Stillleben eine detailgetreue Wiedergabe des Gesehenen. Angelehnt an Vanitas-Stillleben des 17. Jahrhunderts knüpfen die Künstler an die erste Blütezeit des Stilllebens an und zeigen in miniaturartigen Nachbildungen von Früchtearragements die Vergänglichkeit des Lebens.
Auch in der Kunst des 20. Jahrhunderts lebt das Stillleben wieder auf. Künstler, wie Herbert Böttger (1898-1954) und Alexander Kanoldt (1881-1939), orientierten sich in ihren Darstellungen an der nüchternen Darstellungsweise der altmeisterlichen Malweise eines Albrecht Dürers (1471-1528). Dabei war das Ziel der Neu Sachlichen Künstler nicht mehr eine naturwissenschaftliche Entdeckungsreise, sondern eine Verabsolutierung der empirischen Wirklichkeit unter Verzicht auf eine höhere Bedeutung und einen speziellen Erkenntnisgewinn.
Auch heute weisen Stillleben symbolisch noch über sich hinaus. In den dargestellten Dingen spiegeln sich der Mensch und seine Lebensrealität in all ihren Facetten. Sowohl Freude als auch der Armseligkeit.
Aber auch andere Künstler der Moderne, wie Markus Lüpertz (*1941), Georg Meistermann (1911-1990), Carl Henning Pedersen (1913-2007), Dieter Krieg (1937-2005), Georges Braque (1882-1963), Emil Cimiotti (1927-2019) und Johannes Grützke (1937-2017) versuchten sich auch in der Stilllebenmalerei.
In Amerika wurden vor allem an den Tromp-l’oeil-Stil angelehnte Collagen von Künstlern, wie William Harnett (1848-1892) und John Peto (1854-1907), beliebt.
Genremalerei
Diese Gattung beschäftigt sich mit einer geschichtslosen, alltäglichen und zuständlichen Darstellung, die in der Romantik und dem Biedermeier aufkommt. Ab den 1830er Jahren nimmt die Beliebtheit dieses Malstils zu. Anfangs, hier besonders in München und Düsseldorf, sind in dieser oft wertfreien und gediegenen Malerei noch moralisierende und demokratische Tendenzen zu erkennen, die sich aber im Laufe der Zeit durch anekdotische und literarische, dem Publikumsgeschmack angepasste, Darstellungen abgelöst werden. Maler, wie Heinrich Bürkel (1802-1869), Eduard Grützner (1846-1925) und Wilhelm Leibl (1844-1900) prägen mit anekdotischen Wirtshaus- und ländlichen Szenen die Genremalerei der Münchner Schule. Auch die Künstler Adolf Schroeder (1805-1875), Ludwig Knaus (1829-1910) und Benjamin Vautier (1829-1898) beschäftigen sich hauptsächlich mit einer unpolitisch, amüsierenden Szenerie und sind damit neben Johann Peter Hasenclever (1810-1853) und Carl Wilhelm Hübner (1814-1879), deren Darstellungen sich überwiegend mit politischen Themen befassen, wichtige Vertreter der Genremalerei in Düsseldorf. Mit der wertfreien Darstellung des gesellschaftlichen Lebens verschiedener Schichten prägten die Genremaler Paul Meyerheim (1842-1915), Adolf Menzel (1815-1905), Anton von Werner (1843-1915) und Hans Baluschek (1870-1935) die Malerei der Berliner Schule. Zweifelsfrei aber stellt Carl Spitzweg (1808-1885) den Höhepunkt dieser Gattung dar. Anders als bei den anderen Genremalern spiegeln seine Darstellungen nicht detailgetreu historische „alte Zeiten“ dar, sondern sie werden humorvoll ad absurdum geführt. Eine Gattung also, die in ihrer Ausführung stark variieren kann und auf verschiedene Art und Weise einen Einblick das „wirkliche” Leben der Menschen gibt.
Naturalismus
Der Naturalismus des 19. Jahrhunderts entstand zeitgleich mit dem Realismus, der durch Jean-François Millet (1814-1875) aus dem Naturalismus entwickelt wurde, und ist von diesem schwer zu trennen. Er benutzte in gewisser Weise den Realismus, um nur die sichtbare Realität darzustellen und gleichzeitig eine ästhetische Komposition zu erzielen. Eine Suche nach einer Darstellung der Natur, die weder klassizistisch-akademisch noch verklärt-romantisch ist, nahmen die Künstler sich zum Ziel. Gleichbedeutend mit einer Gegenbewegung gegen akademische Konventionen der Zeit, den Klassizismus und Manierismus. Die Landschaft nicht nur als Versinnbildlichung einer Stimmung oder eines Gefühls darzustellen, sondern eine natürliche, wirklichkeitsgetreue Darstellung der Natur zu geben
Auch wenn der Naturalismus eine gewisse Tendenz zu dem Wunsch von idyllischen Landschaftsdarstellungen hatte, ging es den Künstlern doch um eine fast fotografisch genaue Darstellung des Gesehenen. Es ging nicht hauptsächlich um den Inhalt der Darstellung selbst, sondern vielmehr um das „Wie“ des Dargestellten. Eine Deutlichkeit der Form, eine perspektivisch gestaffelte Bildaufteilung und eine geschlossene Kompositionen sind charakteristisch für naturalistische Werke. Genauso auch der lockere Malduktus, der wegbereitend für den Impressionismus werden sollte.
Es wurden nicht nur Landschaften dargestellt, sondern auch Portraits und Genrebilder. Man könnte die Werke dieser Stilrichtung auch als „Salonkunst“ bezeichnen, da sie mit ihren Landschaftsdarstellungen und Genrebildern den Alltag der „einfachen Menschen“ in die Salons des Bürgertums brachten. Er öffnete sich demnach neuen sozialen und metropolitanen Themen.
Der Künstler Camille Corot (1796-1875) begründetet mit seiner Malerei diese neue Art der Landschaftsdarstellungen („paysage intime“). Zusammen mit den Malern Théodore Rousseau (1812-1867) und Charles-François Daubigny (1817-1878) zog er Mitte der 1840er Jahre nach Barbizon. Dort begannen sie hauptsächlich vor Ort und unter freiem Himmel zu malen. Die Plein-air-Malerei enstand. Die Schule von Barbizon, die sich um diese drei Künstler entwickelte, spielte eine zentrale Rolle für die Verwendung des Lichts und der hervorgerufenen Stimmung im Naturalismus. Weitere wichtige Vertreter waren die Künstler John Constable (1776-1837), Eero Järnefelt (1863-1937), Fernand Pelez (1848-1913), Albert Edelfelt (1854-1905), Hans Herrmann (1858-1942) und in Teilen seiner Arbeit auch Max Liebermann (1847-1935).
Realismus
Der Realismus beschreibt eine Stilrichtung der Kunst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und kam als Gegenbewegung zur vorherrschenden Romantik und Klassizismus auf. Seinen Ausgangspunkt hat der Realismus in Frankreich und verbreitet sich von dort aus in ganz Europa.
Im Grunde gab es die realistische Malerei seit der Renaissance. In einem Zeitalter der Umbrüche und Beginn der Industrialisierung kam der Wunsch nach einem neuen Konzept der realistischen Malerei auf. Es ging den Künstlern nicht mehr allein um perfektionierte handwerkliche Fertigkeiten für eine realistische Darstellung. Sie wollten ein anderes Bild und ein neues Verständnis für die Wirklichkeit schaffen. Die Wirklichkeit sollte so klar wie möglich dargestellt werden und gesellschaftliche Zusammenhänge sichtbar machen. Die Traumgebilde der Romantiker erschienen mittlerweile nicht mehr reizvoll. Motive aus dem Alltag wurden immer interessanter. Es sollte eine lebendige Kunst geschaffen werden, die ihre Gegenstände der Gegenwart und Wirklichkeit entlehnte ohne diese zu beschönigen und zu verklären. Die Aufgabe der Kunst bestand in einer rein künstlerisch-bildlichen Wirkungsweise, die zur Selbstbefreiung des Individuums und Verwirklichung der Demokratie fühlen sollte. Durch diese Art der Darstellungsweise konnte der Realismus kaum vom Naturalismus getrennt werden. Die Grenzen verschwammen.
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die Anfänge und ersten Werke des Realismus in den Werken eines Naturalisten finden lassen. Der Maler Jean-François Millet (1814-1875) zog 1849 in die Malerkolonie Barbizon und schloss sich dort dem Künstlerkreis um Camille Corot (1796-1875) an. Er setzte der naturalistischen Malerei der Schule von Barbizon eine nüchterne Malerei zur Seite, die die etwas verklärte Sicht des Naturalismus der Wirklichkeit näher bringen sollte. Und begründete somit die Anfange des Realismus.
Ein weiterer Hauptvertreter war der Maler Gustave Courbet (1819-1877). Seine Werke und Manifeste stehen für den Höhepunkt dieser Stilepoche. „Der Kernpunkt des Realismus ist die Verneinung des Ideals. Indem ich das Ideal sowie alles ablehne, was daraus folgt, gelange ich zur vollen Selbstbefreiung des Individuums bis hin zu Verwirklichung der Demokratie. Der Realismus ist seinem Werk nach eine demokratische Kunst.“ (Gustave Courbet) Auch prägte er den Begriff „Realismus, indem er über dem Eingang seiner improvisierten Ausstellung vor den Toren der Weltausstellung 1855, bei der seine Werke abgelehnt wurden, ein Schild mit den Worten „Le Réalisme – G.Courbet.“ anbrachte.
Neben Jean-François Millet und Gustave Courbet können die Künstler Honoré Daumier (1808-1879), Adolph von Menzel (1815-1905), Wilhelm Leibl (1844-1900), Ilja Repin (1844-1930) und Guiseppe Pelizza da Volpedo (1868-1907) gezählt werden.
Hudson River School
Die Hudson River School stellte eine nordamerikanische Künstlerbewegung zwischen 1825-1880 dar, die in ihrer Malerei der Düsseldorfer Malerschule und der Schule von Barbizon nahestand. Sie gilt als der wichtigste Ausgangspunkt romantischer Malerei Amerikas und als erste nationale “Schule” der Malerei im Amerika des 19. Jahrhunderts.
Eine Synthese zwischen den Prinzipien der Romantik und des Realismus war charakteristisch für die Werke dieser Künstlerbewegung. Inspiriert wurden die Maler durch europäische Künstler wie Salvator Rosa (1615-1673), John Constable (1776-1837), William Turner (1775-1851) und Claude Lorrain (1600-1682). Sie versuchten hauptsächlich die drei wichtigsten Impulse Amerikas in dieser Zeit zu reflektieren. Entdeckung, Erforschung und Eroberung. Die Werke standen für die Aufbruchstimmung im Osten Nordamerikas zur Erforschung des Kontinents in Richtung Westküste. In einer pastoralen und ländlichen Perspektive, wo ein friedliches Zusammenleben des Menschen mit der Natur möglich sein sollte, bildeten sie religiöse, antike und literarische Szenen innerhalb der Landschaften ab. Zwar wurde auf die genaue Wiedergabe einzelner Details geachtet, dennoch wurden die Darstellungen oft aus unterschiedlichen Elementen zu einer idealisierten Landschaft zusammengesetzt. Eine realistisch detaillierte, jedoch auch idealisierte und romantisierte Wiedergabe der Natur.
Ausgangspunkt dieser Künstlerbewegung, die sich nicht als formierte Gruppe verstand, sondern durch ihre gemeinsamen Ziele und künstlerischen Ansätze verbunden war, war die Region des Hudson River und die umliegenden Berge. Zur Mitte des Jahrhunderts kam auch das Interesse für die westlichen Gebiete Amerikas auf und auch für entferntere Regionen, wie die Arktis, Europa, der Orient oder Südamerika. Als Anfänge der Künstlerbewegungen können die Werke der Maler Thomas Cole (1801-1848) und Asher Brown Durand (1796-1886) gesehen werden. Sie setzten sich als erste Maler ihrer Generation mit den Landschaften rund um den Hudson River auseinander und prägten mit ihrem expressiven Gebrauch des Lichts und Nähe zur impressionistischen Malerei die weiteren Generationen.
Zur zweiten Generation der Maler der Hudson River School zählten die Künstler Frederic Edwin Church (1826-1900), ein Schüler Asher Durands, und Albert Bierstadt (1830-1902), der durch sein Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie stark von deren Malerei beeinflusst war. Durch die zeitgenössischen wissenschaftlichen Arbeiten von Charles Darwin und Alexander Humboldt interessierten sie sich mehr und mehr für weitere Gebiete Amerikas und der Welt und versuchten diese mit einem wissenschaftlicheren Ansatz darzustellen. Weitere Hauptvertreter waren die Künstler Sanford Robinson Gifford (1823-1880), Thomas Moran (1837-1926), Jasper Francis Cropsey (1823-1900), John Frederick Kensett (1816-1872), Samuel Colman (1832-1920), Thomas Hill (1829-1908), James McDougal Hart (1828-1901) und William Stanley Haseltine (1835-1900).
Zum Ende des 19. Jahrhunderts nahm der Einfluss der Hudson River School in Europa langsam ab und die Werke der Künstler der Schule von Barbizon wurden populärer. In Amerika sind die Arbeiten der Hudson River School auch weiterhin populär.
Orientalismus
Obwohl es schon vor dem 19. Jahrhundert eine ausgeprägte Vorliebe für orientalische Motive in Europa gab, verstärkte sich das Interesse für den Nahen Osten auf Grund der politischen Situation im 19. Jahrhundert. Die Erschließung Ägyptens durch die Europäer infolge des napoleonischen Heeres und die Frage nach dem politischen und wirtschaftlichen Umgang mit den islamischen Ländern war Anlass für Begeisterung für den Orient. Ursprünglich war der Nahe Osten nur einer kleinen Schicht von europäischen Adligen, Kaufleuten, Diplomaten vorbehalten. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die Länder auch für das breite bürgerliche Publikum zugänglich. Das Interesse nach dem „Neuen“ und „Fremden“ kam auch bei den Künstlern auf. Zwar waren anfangs hauptsächlich andere europäische Länder für deutsche Künstler von Interesse, mit Beginn des griechischen Unabhängigkeitskrieges in den 1820er Jahren kam der erste Kontakt zum Orient auf. In den Krieg eingezogene Maler, wie Carl Wilhelm von Heideck (1788-1861) und Peter von Hess (1792-1871), dokumentierten die Schlachten, aber auch Landschaften, Menschen und Architektur vor Ort. Auch von diesen Darstellungen inspirierte Maler, wie Adolf Teichs (1812-1860), die keine Reisen in den Orient unternommen hatten, begannen orientalische Motive zu verwenden. Ab den 1830er Jahren häuften sich Malerreisen als Begleitung fürstlicher oder wissenschaftlicher Orientreisen und -expeditionen. Johann Michael Wittmer (1802-1880), Friedrich Frisch (1813-1886), Otto Georgi (1819-1874), Max Schmidt (1818-1901) und Johann Hermann Kretzschmer (1811-1890) zählen zu diesen Malern. Ab 1850 begannen die Künstler eigene Studienreisen in den Nahen Osten zu unternehmen. Gustav Bauernfeind (1848-1904), der nach zahlreichen Studienreisen nach Jerusalem übersiedelte, und Georg Macco (1863-1933) gehören zu den bekanntesten individuellen Orientmalern dieser Zeit. Den Beginn dieser Studienreisen legten jedoch Künstler, wie Wilhelm Gentz (1822-1890), der erste deutsche Orientmaler, der über die Grenzen Berlins hinaus bekannt wurde, Adolf Schreyer (1822-1899), Eduard Hildebrandt (1818-1868), Adolf Seel (1829-1907) und August Löffler (1822-1866). Ihre Neugier auf das „Neue“ und „Fremde“ inspirierte Maler der folgenden Generationen ebenfalls dorthin zu reisen. Eugen Bracht (1842-1921), Themistokles von Eckenbrecher (1842-1921), Otto von Faber du Faur (1828-1901) und Adolf von Meckel (1856-1893) folgten deren Beispiel. Die letzte Generation der Orientmaler näherten sich nach zwei Tendenzen den Motiven. Sie wollten den Nahen Osten zum Einen weniger touristisch und exotisch darstellen, sondern sachlicher und mehr auf die Menschen als auf die Requisiten des Orients konzentriert. Zum Anderen widmeten sie sich dem „erotischen Orient“ und fertigten mehr „Haremsbilder“ an. Diese Thematik wurde auch von Künstlern aufgegriffen, die sich nicht auf die Orientmalerei spezialisiert hatten. Max Rabes (1868-1944), der als Nachfolger von Wilhelm Gentz gilt und Bruno Richter (1872-?) versuchten den Nahen Osten auf eine sachliche und nüchterne Weise darzustellen. Ferdinand Max Brest (1868-1921) und Jean-Léon Gérôme (1824-1904) konzentrierten sich hauptsächlich auf die erotischeren Darstellungen. Mit Ende des 19. Jahrhunderts und Beginn des 20. Jahrhunderts ebbte das Interesse für das mittlerweile nicht mehr ganz so „Neue“ und „Fremde“ ab. Von nun an wurde hauptsächlich das neue Medium der Fotografie verwendet um Reisen in den Orient festzuhalten, meist dokumentarisch.
Impressionismus
Ende des 19. Jahrhunderts wandelt sich die Sichtweise der Künstler auf die Kunst selbst. Das Bild bekommt nun den Status eines autonomen Kunstwerkes, das durch die Kunst des Malers geschaffen wird ohne die Bindung an einen Auftraggeber oder vorgegebene Bildthemen. Hauptaugenmerk der Impressionisten liegt in der Darstellung der verschiedenen Facetten des großstädtischen Lebens und Erlebens. Sie hielten meist mit hellen Farben schnappschusshaft-zufällig wirkende Bildausschnitte fest, die in einem locker hingeworfenen Farbauftrag gemalt waren. Fast wie ein Foto wirkend, liegt die Vermutung nahe, dass sie ihre Werke an der Fotografie orientiert schufen. Sie wollten sich unabhängig vom dargestellten Gegenstand auf die Farbe und ihre Verteilung, die Beschaffenheit der Form und auf das Spiel von Licht und Schatten konzentrieren. Gut geeignet war dafür das Studium in der Natur und die daraus entstandene Plein-air Malerei. Die Künstler begaben sich ins Freie und malten direkt vor dem Motiv ohne Vorzeichnungen anzufertigen. Sie malten ihr Motiv so wie sie es in diesem Moment sahen und wahrnahmen.
Als führende Kunstmetropole Europas ist es naheliegend, dass diese Art der Malerei ihren Ursprung in Paris hatte. Mit einer Ausstellung der von der Jury der akademischen Salonausstellung abgelehnten Künstler Camille Pisarro (1830-1903), Paul Cézanne (1839-1906), Claude Monet (1840-1926), Pierre-Auguste Renoir (1841-1919), Edgar Degas (1834-1917), Berthe Morisot (1841-1895) und anderen gleichgesinnten Künstlern im Atelier des Fotographen Gaspar-Félix Nadar (1820-1910) begann der Aufschwung des Impressionismus. Claude Monet stellte dort unter anderem sein Gemälde “Impression. Soleil levant” aus, das mit seinem lockeren Pinselduktus und der dunstig-hell gehaltenen Farbwahl für großes Aufsehen und Kritik sorgte und dafür sorgte, dass die ausgestellten Künstler als “Impressionisten” (“Eindrucksmaler”) beschimpft wurden. Für diese jedoch stellte diese Benennung keine Beleidung dar. Im Gegenteil sie beschrieb genau das Vorgehen ihrer Malerei. Sie versuchten die gefühlte Stimmung und die, auf sie einwirkenden Eindrücke, festzuhalten.
Künstler wurden von dem französischen Stil auf der ganzen Welt inspiriert. Durch Studienreisen brachten Künstler, wie der Amerikaner Theodore Robinson (1852-1896) oder der Niederländer Jozef Israëls (1824-1911), den Impressionismus mit in ihre Heimat. In Deutschland öffneten sich die Künstler erst später der neuen Kunstrichtung. Mit einer Ausstellung von französischen Impressionisten 1893 in München wurden das erste Mal Werke diesen Stils gezeigt. Erst ein paar Jahre später wurden impressionistische Stilmittel in den Werken mit aufgenommen. Eugen Bracht (1842-1921) und Hans Thoma (1839-1924) waren zwei der ersten Künstler, die nach impressionistischem Vorbild gemalt haben. Erst mit dem Aufblühen Berlins als Kunstzentrum folgten Maler, wie Max Liebermann (1847-1935), Ernst Oppler (1867-1929), Fritz Rhein (1873-1948), Lesser Ury (1861-1931), Max Slevogt (1868-1932) und Lovis Corinth (1858-1925) deren Beispiel. Sie entdeckten das Leben der Großstadt für sich und ihre Faszination für das Spiel des elektrischen Lichts bei Nacht. Genauso gilt ein weiterer Augenmerk dieser Künstler der niederländischen Landschaft und dem Leben dort. Besonders Maler, wie Paul Baum (1859-1932) und Christian Rohlfs (1849-1939), die ihr Hauptinteresse auf die Niederlande legten und sich nicht nur mit ihren Motiven, sondern auch mit ihrer Malweise an der Haager Schule und Künstlern, wie Jozef Israël und Johan Barthold Jongkind (1819-1891) orientierten. Aber auch Künstler der Düsseldorfer Schule zählen zu Hauptvertretern des Impressionismus in Deutschland. Willy Lucas (1884-1918), Max Stein (1872-1943) und Max Clarenbach (1880-1952) zählen mit ihren athmosphärischen Darstellungen dazu.
Pointillismus
Der Pointillismus beschreibt eine künstlerische Ausrichtung innerhalb des Postimpressionismus zwischen Ende des 19.Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts.
Hauptaugenmerk lag bei dieser Art der Malerei auf der Wirkungsweise von Farben und Sehvorgang. Die Maltechnik des Impressionismus wurde systematischer durch die Anordnung von gleichgroßen Farbpunkten auf der Bildfläche. Die Lokalfarbigkeit eines Gegenstandes wurde in seine Primärfarben aufgeteilt. Das Leinwandbild sollte also dem Bild entsprechen, was der abgebildete Gegenstand auf der Netzhaut des Auges erzeugen würde, sodass die Darstellung für den Betrachter erst aus der Entfernung klar erkennbar wurde. Es sollte eine Autonomie der Malerei über den Gegenstand und eine Eigengesetzlichkeit des Gemäldes geschaffen werden.
Ausschlaggebende Künstler des Pointillismus waren die Maler Georges Seurat (1859-1891) und Paul Signac (1863-1935). Durch die Lektüre der Farbtheorien von Michel Eugène Chevreul und Charles Henry inspiriert schuf Georges Seurat 1884 das wegweisende Gemälde des Pointillismus, „Ein Sonntagnachmittag auf der Insel Grande Jatte“. Obwohl das Bildthema, mit seinen Menschen bei ihren Freizeitvergnügungen im Freien, sich an den Bildthemen des Impressionismus orientierte, ist die Darstellung viel systematischer angeordnet und die Farbgebung reiner und differenzierter. Es wirkt wie eine Überhöhung der Wirklichkeit. Paul Signac verfasste nach dem Tod von Georges Seurat deren Theorie des Pointillismus in seinem Werk „D’Eugène Delacroix au Néo-Impressionisme“ 1899 zusammen.
Mit dem Übergang zum Fauvismus in Frankreich verlor sich das Interesse der Künstler an den theoretischen Ansätzen des Pointillismus. Die künstlerische Ausführung wurde so weit ins Extreme geführt, dass die Möglichkeiten dieser Kunstauffassung ausgeschöpft waren und die Künstler sich neuen „unerforschten“ Stilen widmen wollten.
Neben den beiden ausschlaggebenden Vertretern gab es noch weitere Hauptvertreter weltweit. Die Maler Gustave Cariot (1872-1950), Henri Edmond Cross (1856-1910), Giovanni Segantini (1858-1899), Théo van Rysselberghe (1862-1926), kurze Zeit auch Camille Pissarro (1830-1903), Curt Herrmann (1854-1929) und Paul Baum (1859-1932) folgten deren Beispiel. Aber auch durch Ausstellungen der Werke Georges Seurats in Belgien und Italien adaptierten einige Maler dort die neuen Theorien und Sichtweisen. So zum Beispiel die Künstler Jan Toorop (1858-1928), Johan Joseph Aarts (1871-1934), Ferdinand Hart Nibbrig (1866-1915) und Angelo Morbelli (1853-1919).
Münchner Malerschule
Die Kunst durch König Ludwig I. gefördert ließ München zu einem weltweit bedeutenden Zentrum der Malerei werden. Aus dem Umfeld der Königlichen Akademie der Bildenden Künste entstanden, wurde die Münchner Schule für viele Künstler prägend. Unter anderem für Lovis Corinth (1858-1925), Max Slevogt (1868-1932) und Fritz von Uhde (1848-1911).
Ursprünglich geleitet von Peter von Cornelius (1783-1867) und Julius Schnorr von Carolsfeld (1794-1872), bekam die Akademie unter deren Nachfolger Carl Theodor von Piloty (1826-1886) eine neue akademische, dynastisch angepasste Richtung. Hauptsächlich auf Historien-, Genre- und Landschaftsmalerei konzentriert, deren Merkmal aus Genauigkeit und Naturalismus besteht, bekommt die Akademie das erste Mal internationale Aufmerksamkeit und Bedeutung durch durch die Fresken in den Hofgartenarkaden von Peter von Cornelius. Aber auch die Historienmaler Hans Makart (1840-1884), Alexander von Liezen-Mayer (1839-1898) und Heinrich Lossow (1843-1897), die Genremaler Nikolaus Gysis (1842-1901), Eduard von Grützner (1846-1925) und Franz von Defregger (1835-1921) und die Landschaftsmaler Joseph Wenglein (1845-1919), Adolf Heinrich (1826-1882) und Eduard Schleich d.Ä. (1812-1874) zählen zu den bedeutenden Künstlern der Münchner Kunstakademie. Weitere wichtige Mitglieder, die durch ihre Malerei herausstachen, waren Franz Seraph von Lenbach (1836-1904), Wilhelm von Diez (1839-1907), Hugo Kauffmann (1844-1915), Carl Spitzweg (1808-1885) und Wilhelm Leibl (1844-1900), um den sich innerhalb der Akademie ein eigener Kreis bildete. Zu bedeutenden Mitgliedern dieser Gruppierung zählten Wilhelm Trübner (1851-1917), Carl Schuch (1846-1903) und Hans Thoma (1839-1929).
Berliner Malschule
Eine Malschule, die geprägt wird von den Malern der Münchner Schule. Nach deren Hinwendung zum Naturalismus und wenig Anerkennung in ihrer Stadt, wanderten viele der Künstler nach Berlin aus und kamen dort zu Erfolg, wie die Maler Max Liebermann (1847-1935), Fritz von Uhde (1848-1911) und Max Slevogt (1868-1932). Mit der Gründung der Künstlervereinigung „Gruppe der XI“ 1892 entstand eine unkonventionelle, kreative Richtung der Kunst.. Neben Max Liebermann gehörten Künstler, wie Walter Leistikow (1865-1908), Ludwig von Hofmann (1861-1945), der stark geprägt war von der koloristischen Kühnheit der Pariser Schule, und Max Klinger (1857-1920) zu den wichtigsten Vertretern dieser Gruppe. Ziel dieser Vereinigung war es die eignen, dem etablierten Kunstbetrieb nicht zugänglichen Werke öffentlich zu präsentieren und sich dadurch dem preußischen Kunstbetrieb entgegenzusetzen. Mit Gründung der Berliner Secession 1898 durch Max Liebermann, Walter Leistikow, Julie Wolfthorn (1864-1944), Käthe Kollwitz (1867-1945) und 61 anderen Gründungsmitgliedern löste sich die „Gruppe der XI“ schnell auf. Anfangs auch eine Künstlervereinigung, die sich dem staatlichen Kunstbetrieb entgegengesetzt hatte, wurde sie zu einer anerkannten Größe der Kunst. Da dies nicht bei allen Mitgliedern der Gruppe Gefallen fand, kam es zu mehreren Austritten, wie denen der Künstler Max Beckmann (1884-1950), Bernhard Pankok (1872-1943) und Karl Langhammer (1868-1943). Der Großteil der Maler jedoch, wie Lovis Corinth (1858-1925), Emil Pottner (1872-1942) und Ernst Bischoff-Culm (1870-1917), blieben der Gruppe treu. 1914 traten jedoch nach internen Auseinandersetzungen weitere Künstler aus der Gruppe aus und gründeten die „Freie Secession“. Neben Max Liebermann waren unter anderem Alfred Sohn-Rethel (1875-1958), Wilhelm Lehmbruck (1881-1919), Dora Hitz (1856-1924) und Wilhelm Trübner (1851-1917) Mitglieder. Auf Grund dieser Vielfalt der Gruppierungen wird die Berliner Schule durch mehrere Merkmale der Kunst ausgemacht. Naturalismus, Impressionismus, Jugendstil und in den späteren Jahren auch expressionistische Einflüsse prägen den Stil dieser Schule.
Dresdner Kolorismus
Eine Stilrichtung Dresdner Künstler im 19. und 20.Jahrhundert, die dem Spätimpressionismus zuzurechnen ist, ist der Dresdner Kolorismus. Durch Julius Hübner (1806-1882), Direktor der Dresdner Königlichen Gemäldegalerie, wurde der Kolorismus der Düsseldorfer Malerschule populär. Geprägt durch Maler, wie Georg Friedrich Kersting (1785-1847), Johann Christian Clausen Dahl (1788-1857) und Caspar David Friedrich (1744-1840), vollzog sich eine Änderung innerhalb der Landschaftsmalerei, eine Änderung der Auffassung der Naturwirklichkeit. „Das Flüchtige der Erscheinung wird zum Gegenstand künstlerischen Interesses“. Auch die nachfolgende Generation bestehend aus Malern, wie Carl Gustav Carus (1789-1869), Ernst Ferdinand Oehme (1797-1855), Christian Friedrich Gille (1805-1899), Walter Beyermann (1886-1961) fingen in ihren Darstellungen die Schönheit der alltäglichen Dinge ein. Ende des 19. Jahrhunderts setzt sich auch an der Dresdner Akademie die impressionistische Strömung aus Frankreich durch und mit den Künstlern Carl Bantzer (1857-1941), Wilhlem Claudius (1854-1942), Paul Baum (1859-1932) und Wilhelm Ritter (1860-1948) bekommt die impressionistische Freilichtmalerei in Dresden ihren ersten Aufschwung. Mit der Berufung 1895 von Gotthardt Kuehl (1850-1915) an die Dresdner Akademie stellt sich ebenfalls eine neue Richtung der Landschaftsmalerei ein. „Eine herausragende Sonderleistung zum deutschen Impressionismus sind die von Dresdens Architekturszene inspirierten Stadtbilder.
Symbolismus
„Symbolismus“ steht für eine Stilrichtung der Literatur und Bildenden Kunst, vor allem der Malerei, Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts, die ihren Höhepunkt in zwischen 1880-1910 in Europa aufweist.
Ohne einen einheitlichen Stil aufzuweisen, sondern vielmehr aus einem Verbund von individueller Bildfindung bestehend, in der die Künstler sich von einer objektiven Malerei abgrenzen und sich auf die Darstellung von Emotionen, seelischen Zuständen, Ängsten, Fantasien und Träumen konzentrieren, wendet sie sich gegen den Realismus, Impressionismus, Positivismus, Materialismus, Historismus und die naturalistische Tradition der Akademien.
Dieses gemeinsame Ziel und Lebensgefühl verbindet die Künstler des Symbolismus und lässt sie zu einer Einheit werden. Darstellungen aus der Welt der dunklen Mythen, okkulten Gedanken und erotischen Fantasien werden nun bevorzugt. Die Leinwand sollte zum Spiegel der Seele werden.
Der französische Schriftsteller Jean Moréas (1856-1910) legte mit seinem „Symbolistischen Manifest“ 1886 den Grundstein für diese Stilrichtung. Er erklärte, dass in der symbolistischen Kunst Dinge nie direkt dargestellt werden, sondern mittels sinnbildlicher Ästhetik in Form von Symbolen und Metaphern zum Ausdruck gebracht werden sollen. Die Wirklichkeit wird hierbei durch die Kombination verschiedener Bildinhalte vermittelt. Die Motive sollten nicht direkt aus der Natur entnommen werden, sondern aus den Eindrücken des Gedächtnisses bestehen. Die Vorstellungskraft war für ihn das wichtigste Mittel der Kunst. Er selbst lehnte den Naturalismus anderer Schriftsteller, wie Émile Zola (1840-1902) ab und bevorzugte die Subjektivität des Dichters Stéphane Mallarmé (1842-1898), der in seiner Wohnung symbolistische Empfänge veranstaltete, bei denen auch Künstler des Symbolismus anwesend waren, wie Paul Gauguin (1848-1903), James Abbott Whistler (1834-1903) und Edvard Munch (1863-1944).
Die Kunst des Symbolismus diente den Künstlern als Flucht vor der Wirklichkeit, dem Moralismus, dem Rationalismus und dem Materialismus ihrer Zeit. Sie wollten über den Naturalismus ihrer Kunst hinausgehen.
Mit dem Maler Gustave Moreau (1826-1898), dessen Werke oft als eine dekorativ überwuchernde Synthese aus der Farbigkeit von Eugène Delacroix (1798-1863) und der religiösen Kunst Rembrandt van Rijns (1606-1669) beschrieben werden, wird der Symbolismus in Frankreich eingeleutet. Aber auch der Maler Odilon Redon (1840-1916), der mit seinen Darstellungen Literatur und Malerei verbindet, oder Arnold Böcklin (1827-1901), dessen Gemälde aus mysthifizierten Darstellungen bestehen, gehören zu den Hauptvertretern dieser Stilrichtung. Ebenso der Künstler James Ensor (1860-1949), dessen Maskenbilder eine skurrile und entfremdete Welt hervorrufen und der Maler Henri Rousseau (1844-1910), dessen Werke aus traumähnlichen Urwaldszenen bestehen. Auch Munch kann als charakteristischer Symbolist genannt werden, da er in seinen Werken versuchte an psychische Grenzsituationen heran zu kommen. Weitere wichtige Maler, die den Symbolismus geprägt haben sind Künstler, wie Hans von Marées (1837-1887), Ferdinand Hodler (1853-1918), Pierre Bonnard (1867-1947), Maurice Denis (1870-1943), Fernand Khnopff (1858-1921), Max Klinger (1857-1920), Franz von Stuck (1863-1928), Michail Wrubel (1886-1910) und Edouard Vuillard (1868-1940).
Neben einzelnen Künstlern entstanden symbolistische Künstlergruppen, die sich durch ihre Ziele verbanden. „Les Nabis“, was im hebräischen „Propheten“ bedeutet, wurden 1889 von Paul Sérusier (1864-1927) gegründet. Sie sahen den Künstler als Hohepriester, der die Macht besaß das Unsichtbare durch seine Kunst zu enthüllen.
Auch die Rosenkreutzer waren eine symbolistische Gruppierung. Unter der Leitung des Schriftstellers War Joséphin Péladan (1858-1918) lehnten sie den Materialismus ab und belebten die katholische Kunst und die Kunst der Renaissance mit mystischen Nuancen wieder. Charles Filiger (1863-1928), Armand Point (1860-1932) und Marcellin Desboutin (1823-1902) gehörten dieser Gruppe an und stellten von 1892-1897 in den Pariser Salons aus.
Jugendstil
Der Jugendstil entstand um 1900 als Reaktion auf den gründerzeitlich geprägten Historismus und kann als Vorgänger der modernen Avantgarde gesehen werden. Ursprünglich bezeichnete der Jugendstil einen Dekorationsstil, der im Kunstgewerbe einflussreicher war als in der Malerei. Jedoch auch dort schnell Einzug fand.
Der Name “Jugendstil” leitet sich von der 1896 in München gegründeten Zeitschrift “Jugend” ab, in der Arbeiten diesen Stils das erste Mal abgebildet wurden. Aber nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern entwickelte sich dieser Stil zur gleichen Zeit und war jeweils unter einer anderen Bezeichnung bekannt. In Frankreich als “Art Nouveau”, in England als “Modern Style”, in Italien als “Liberty”, in Spanien als “Modernismo” und in Österreich als “Sezessionsstil”.
Im Vordergrund stand die Verbindung von Kunst und Leben, eine Ästhetisierung des alltäglichen Lebens. Ein Nacherleben der Kunst. Jeder sollte ein Verhältnis mit dem Kunstwerk auf der Basis seines eigenen Lebens eingehen. Obwohl im Jugendstil viele symbolistische Anklänge zu finden sind, lag der Fokus statt auf einer düster, melancholisch und mystisch wirkenden Welt auf einer Welt der Schönheit. Mythische Darstellungen und Utopien, die im Einklang mit der Natur, der Lebensreform der Jahrhundertwende und der damit verbundenen monistischen Weltanschauung standen, stellten Hauptthemen der Darstellungen dar. Der Fokus lag dabei auf der Einheit von Leib und Seele, Natur und Geist. Formgebend sind das Ornament und die Linie, vor allem verspielte und organische Formen. Die Künstler versuchten nicht die Natur in ihrer Erscheinungsform nachzuahmen, sondern ihre Bildungsgesetzte wonach sich ihre Fantasie richten sollte. Sie schufen Kunst um ihrer selbst und ihrer Schönheit willen. Kunst um der Kunst willen. L’art pour l’art.
Zu wichtigen Vertretern des Jugendstils gehören Künstler, wie Gustav Klimt (1862-1918), der mit 18 weiteren Künstlern in Wien die Vereinigung bildender Künstler Österreichs “Wiener Sezession” gründete. Auch Egon Schiele (1890-1918), William Morris (1834-1896), Heinrich Vogeler (1872-1942), Aubrey Beardsley (1872-1898), Alfons Mucha (1860-1939), Victor Horta (1861-1947), Henry van de Velde (1863-1957) und Antoni Gaudí (1852-1926) gehören dazu. In Deutschland zählten München, Darmstadt und Berlin zu den wichtigsten Kunstzentren des Jugendstils. Zu den Hauptvertretern in diesen Zentren zählen Künstler wie Franz von Stuck (1863-1928), Otto Eckmann (1865-1902), Hermann Obrist (1862-1927), August Endell (1871-1925), Richard Riemerschmid (1868-1957), Bernhard Pankok (1872-1943), Joseph Maria Olbrich (1867-1908) und Peter Behrens (1868-1940).
Primitivismus
Der Begriff „Primitivismus“ wurde das erste Mal 1861 als Beschreibung für die Imitation des „Primitiven“, der Flamen und Italiener des 14. und 15. Jahrhunderts, verwendet. In der modernen Kunst steht der Primitivismus für eine Kunst, die sich vom „Primitiven“, der Vergangenheit und entfernten Kulturen, inspirieren lässt.
Ab Ende des 19. Jahrhunderts galten für die Künstler die Kunstwerke aus den europäischen Kolonien Afrikas und Ozeaniens als neue Inspirationsquelle. Sie begannen die stagnierenden Traditionen der europäischen Malerei zu hinterfragen und suchten eine neue Verbindung zu der vorindustriellen Zeit, in der der Mensch stärker mit der Natur und anderen Menschen verbunden war. Einfache Formen und abstrakte Figuren sollten ihnen dabei helfen. Ausgangspunkt der primitiven Kunst waren die Werke des Malers Paul Gauguin (1848-1903), in denen er sich hauptsächlich mit dem Leben und den Menschen auf den Südseeinseln vor Ort auseinander setzte.
Mit Pablo Picasso (1881-1973) und anderen kubistischen Künstlern vollzog sich innerhalb des Primitivismus eine Wende. Sie gingen direkt auf einzelne Werke indigener Künstler ein anstatt auf das Leben der indigenen Völker. Auch für diese Künstler stellte die Kunst aus den europäischen Kolonien eine große Inspirationsquelle dar. Besonders die Kunst der Collection Baud, eine aus den französischen Kolonien stammende Sammlung afrikanischer Volkskunst.
Auch Künstler wie Henri Matisse (1869-1954), Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938) und Max Ernst (1891-1976) lassen sich in einigen Werken zu den Primitivisten zählen. Weitere Künstler der Avantgarde, wie Welimir Chlebnikow (1885-1922), Michail Fjodorowitsch Larionow(1881-1964), Paul Klee (1879-1940), Joan Míro (1893-1983), Alberto Giacometti (1901-1966) und Alexander Calder (1898-1976), nutzten Motive der Naturvölker in ihren Werken, um die Kräfte der Natur zu symbolisieren. Die russischen Primitivisten verbanden hierbei oft die Darstellungsweise des Primitivismus mit denen des Futurismus und Rayonismus.
In der Nachkriegszeit fand diese Stilrichtung schleichend ihr Ende. Nur wenige Künstler nahmen noch Bezug auf einzelne Objekte und wenn, dann auf eine indirektere und intellektuellere Weise.
Naive Kunst
Die „Naive Kunst“ beschreibt eine Kunst, die Werke von autodidaktischen Laien, Kindern, Geisteskranken und außereuropäischen Kulturen umfasst. Sie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von avantgardistischen Künstlern entdeckt und als eigenständige Kunstgattung ausgeschrieben, da sie für die Suche nach der unverdorbenen Ursprünglichkeit stand. Mit hauptsächlich leuchtenden und antinaturalistischen Farben, einem häufigen Verzicht auf Zentralperspektive und einem Schwerpunkt auf kindlichen und elementaren Visionen, zeigt sich die „Naive Kunst“ mit einem antiakademischen und ungeschult anmutenden Charakter. Im Gegensatz zu anderen Stilrichtungen ist bei dieser Kunstgattung kein einheitlicher Stil vorhanden. Sie wird durch die Individualität jedes einzelnen Künstlers geprägt und seine „künstlerische Ungeschicklichkeit“. Einfach, unbekümmert und unreflektiert. Teilweise sind jedoch auch Spuren von zeitgenössischen Künstlern, wie Franz Marc (1880-1916) und Paul Klee (1879-1940) zu erkennen.
Der Sammler und Kunsthistoriker Wilhelm von Uhde trug maßgeblich zur Entdeckung der „Naiven“ Künstler in Europa bei. Er stellte einige Werke von autodidaktischen Künstlern in seiner Ausstellung Peintres du Coeur Sacré 1928 in Paris aus. Zu den ausgestellten Künstlern, die ebenfalls zu den Hauptvertretern dieser Stilrichtung zählten, gehörten Henri Rousseau (1844-1910), Camille Bombois (1883-1970) und Séraphine Louis (1864-1942), die hauptberuflich beim Zoll, als Zirkusathlet und als Putzfrau tätig waren.
Weitere Hauptvertreter sind die Künstler André Bauchant (1873-1958), Louis Vivin (1861-1936), Adalbert Trillhaase (1858-1936) und Niko Pirosmani (1862-1918), die ebenfalls einfache bürgerliche Berufe ausübten, wie Gärtner, Postbeamter und Kaufmann.
In Amerika und Kanada hatte die „Naive Kunst“ im Gegensatz zu Europa eine ältere Tradition, wo sich schon vor dem Aufkommen der expressionistischen Malerei Werke „Naiver Kunst“ finden lassen. Wie die des Malers Edward Hicks (1780-1849).
Aber auch in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg lässt sich eine weitere Generation „Naiver Künstler“ finden. Grandma Moses (1860-1961), Franz Muche, genannt Ramholz (1883-1955), Friedrich Schröder-Sonnenstern (1892-1982), Maria Felder (1925-1995), Ibrahim Ghannam (1930-1984) und Kurt Mühlenhaupt (1921) zählen dazu.
Fauvismus
Fauvismus wird als übergeordneter Begriff für eine Stilrichtung der Malerei benutzt, die sich als erste Bewegung der klassischen Moderene versteht.
1905 formierten sich französische Künstler zu einer Vereinigung unter dem Namen „Fauves“. Auch wenn die Künstler das gleiche Ziel, nämlich der Flüchtigkeit der impressionistischen Bilder entgegenzuarbeiten und dem Werk dadurch eine Dauer zu verleihen, verband, war ihr Zusammenschluss mehr Zufall als Wille. Die Künstler André Derain (1880-1954), Henri Matisse (1869-1954), die beiden führenden Köpfe der „Fauves“, Maurice de Vlaminck (1876-1958), Raoul Dufy (1877-1953), Kees van Dongen (1877-1968), Albert Marquet (1875-1947) und Othon Friesz (1879-1949) stellten gemeinsam im Saal VII des Salon d’Automne aus. Durch den Ausspruch des Kunsthistorikers Louis Vauxcelles „Tiens, Donatello au milieu des fauves“ („Sieh da, Donatello umgeben von wilden Bestien“) über ein ausgestelltes Werk von Albert Marquet etablierte sich der Name „Fauves“ als Sammelbegriff für alle dort ausgestellten Künstler. Von da an arbeiteten sie gemeinsam und versuchten der Kunst eine neue Richtung zu geben. Sie standen für eine autonome Bildgestaltung und wollten die schwärmerischen und dekorativen Elemente des Symbolismus und Jugendstil hinter sich lassen. Farbe und Form sollten einen eigenen Ausdrucksgehalt bekommen. Inspiriert von den großen Farbflächen des Malers Paul Gauguin (1848-1903), der expressiven Spontaneität Vincent van Goghs (1853-1890), den reinen Farben von Georges Seurat (1859-1891) und den Kompositionen von Paul Cézanne (1839-1906) schufen sie Werke, in denen das Gesehene nicht reproduziert, sondern durch deren bildnerische Anordnung repräsentiert werden sollte. Durch die neue Art der Gestaltung übte der Fauvismus auch Einfluss auf andere Künstler und Länder aus. Maler, wie Amadeo Modigliani (1884-1920), Marc Chagall (1887-1985), Chaim Soutine (1893-1943) und Georges Braque (1882-1963), der ebenfalls Mitglied der Künstlervereinigung war, lassen sich als Vertreter dazu zählen.
Zwei Jahre nach Zusammenschluss der Künstler löste sich die Gruppe 1907 wieder auf. Die Stilrichtung des Fauvismus lief langsam aus, da sich die führenden Künstler der Gruppe, wie Georges Braque, Henri Matisse und André Derain, an den kubistischer werdenden Arbeiten des Malers Pablo Picasso (1881-1973) orientierten und immer mehr zu dieser Gestaltungsform übergingen. Auch wenn die Gruppe „Fauves“ nur zwei Jahre existierte, nahmen die Künstler mit der neu geschaffenen Kunstansicht und Gestaltungsweise großen Einfluss auf die Entwicklung der Kunst und ebneten den Weg für die moderne Kunstausrichtung.
Expressionismus
Der Expressionismus beschreibt eine Stilrichtung des frühen 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum, die sich gegen den Naturalismus und den Impressionismus stellt. Sie gilt nicht nur als ein wichtiger Punkt im Wandel der Kunst, sondern auch als Wegbereiter für weitere neue Stilrichtungen.
Durch die Kunstauffassung von Künstlern, wie Vincent van Gogh (1853-1890), Paul Gauguin (1848-1903), Henri Toulouse-Lautrec (1864-1901), Edvard Munch (1863-1944) und Ferdinand Hodler (1853-1918), kam auch im deutschsprachigen Raum der Wunsch nach einem Protest gegen die bestehende Ordnung und das Bürgertum auf. Man berief sich auf die Texte und Gedanken von Friedrich Nietzsche (1844-1900), der in seinen Werken die gängige Vorstellung des Menschen in Frage stellte. Mit der Auflösung der traditionellen Perspektive, dem Umgang mit grellen und expressiven Farben und Formen und der Motivreduzierung auf markante Formelemente versuchten Künstler, wie Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938), Otto Mueller (1874-1930), Franz Marc (1880-1916) und August Macke (1887-1914), durch die Darstellung ihrer subjektiven Wahrnehmung der Wirklichkeit den Schleier der sichtbaren Erscheinung abzunehmen und so das wahrhaftige Bild der Welt zu zeichnen. Mit ihren emotionsgeladenen Bildern sollten beim Betrachter die gleichen Emotionen hervorgerufen werden. Auf diese Art und Weise setzten sie sich mit der Gesellschaft des wilhelminischen Kaiserreiches und den neu aufkommenden revolutionäreren Strömungen auseinander. Eine weitere Inspiration für den Expressionismus stellten Künstler des französischen Fauvismus, wie Georges Rouaults (1871-1958) und in seinen frühen Werken auch Pablo Picasso (1881-1973), dar. Ihre, für die damalige Zeit neue Sichtweise auf die Gesellschaft, veranlasste einige der expressionistischen Künstler, wie unter anderem Emil Nolde (1867-1956), Wassily Kandinsky (1866-1944), Max Pechstein (1881-1955) und Paul Klee (1879-1940), sich zu Künstlergruppen zusammen zu schließen. Die wichtigsten Gruppen des Expressionismus waren „Die Brücke“ und „Der Blaue Reiter“.
Die Brücke
1905 wurde die expressionistische Künstlergruppe „Die Brücke“ von den vier Dresdner Architekturstudenten Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938), Erich Heckel (1883-1970), Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976) und Fritz Bleyl (1880-1966) gegründet. Sie wollten eine Gegenposition zu der traditionellen Malerei und akademischen Tradition darstellen. Mit dieser Einstellung schlossen sich ihnen kurz nach der Gründung weitere Künstler an. Unter anderem Max Pechstein (1881-1955), Otto Mueller (1874-1930), Emil Nolde (1867-1956), Cuno Amiet (1868-1961) und Kees van Dongen (1877-1968). Gemeinsam entwickelte die Gruppe einen kollektiven Malstil, sodass ihre Werke sich anfangs untereinander in der Motivwahl und der Malweise ähnelten. So beschworen sie eine Gemeinschaft und stellten sich damit demonstrativ gegen die traditionelle bürgerlich-individualistische Vorstellung vom Künstler als einzigartiges Genie. Charakteristisch für ihren Stil sind primitive, auf das Wesentliche reduzierte Formen, die sich teilweise zu deformierten Körpern in perspektivisch aufgelösten Räumen zusammensetzen. Losgelöst von der typischen Lokalfarbigkeit trugen die Künstler leuchtende und abgesättigte Farben meist flächig und teilweise pastös auf. Komplementärkontraste und oft mit Konturlinien eingefasste Figuren unterstützten den expressiven Charakter der Malerei. Auf diese Art und Weise sollte die „wirkliche Wirklichkeit“, das Wesen der Dinge und die individuell erlebte Welt dargestellt werden und nicht nur ihr sichtbares Abbild.
In den acht Jahren ihres Bestehens wurden sie hauptsächlich von den Werken der postimpressionistischen Maler Vincent van Gogh (1853-1890) und Paul Gauguin (1848-1903) inspiriert. Mit ihrer starken Farbgebung und der primitiven Darstellungsweise können sie als Wegbereiter des Expressionismus angesehen werden. Aber auch andere europäische Künstler mit expressionistischem Malstil, wie die Maler Edvard Munch (1863-1944) und Henri Matisse (1869-1954), dienten Der Brücke als Orientierung.
In den letzten Jahren des Bestehens zogen die Mitglieder der Künstlergruppe nach Berlin. Nachdem die Werke mehrerer Künstler, unter anderem Max Pechstein, von der „Berliner Secession“ abgelehnt wurden, wurde als Provokation die Gründung der „Neuen Secession“ unter der Leitung von Max Pechstein veranlasst. Aus Solidarität traten dieser Gruppe alle Mitglieder Der Brücke bei. Das Leben in der Hauptstadt beeinflusste den Stil der Gruppe und der Künstler selbst. Nach und nach löste sich der kollektive Stil der Gruppe auf, sodass jeder der Künstler als individueller Maler hervorstach. Das Auflösen des kollektiven Gedanken und interne Auseinandersetzungen führten schließlich 1913 zum Bruch Der Brücke.
Der Blaue Reiter
1911 schloss sich eine Gruppe gleichgesinnter Künstler unter dem Namen “Der Blaue Reiter” in München zusammen. Obwohl sie keine gemeinsame Stilrichtung verband, fanden die Künstler durch ihr gemeinsames Interesse an primitiver Kunst, Kubismus und Fauvismus zusammen. Sie wollten jeder auf seine Weise die Kunst revolutionieren. Diese Verbindung durch den Glauben an die “geistige” Dimension der Kunst zeigt sich durch ihre spezifische Art der Darstellung durch strahlend farbige, expressive und zum Teil abstrahierende Formensprache. Die ausschlaggebenden Künstler für den Zusammenschluss des Blauen Reiter, zu denen Wassily Kandinsky (1866-1944), Franz Marc (1880-1916), Alfred Kubin (1877-1959) und August Macke (1887-1914) zählten, verfassten 1912 einen Almanach “Der Blaue Reiter”, in dem sie ein Programm für die Kunst des 20. Jahrhunderts aufstellten. Obwohl sie durch diesen Zusammenschluss und dass Verfassen des Almanachs keine feste Gemeinschaft darstellten, fand der Blaue Reiter viele Anhänger. Die beiden Ausstellungen 1911 und 1912 bekam die Vereinigung viele Anhänger in verschiedenen Sparten der Kunst. Neben den Werken der Verfasser des Almanachs konnten bei den Ausstellungen die Werke weiterer Organisatoren, wie Marianne von Werefkin (1860-1938), Alexej von Jawlensky (1864-1941), Paul Klee (1879-1940), Heinrich Campendonk (1889-1957) und Hanns Bolz (1885-1918) betrachtet werden. Aber auch gleichgesinnte Künstler, national und international stellten dort aus. Werke von Pablo Picasso (1881-1973), Hans Arp (1886-1966), Albert Bloch (1882-1961), Robert Delaunay (1885-1941), Elisabeth Epstein (1879-1956) und Henri Rousseau (1844-1910) ließen sich dort finden. Nach drei Jahren endete die Zeit des Blauen Reiters durch den Beginn des Ersten Weltkrieges, da viele verbundenen Künstler in den Krieg eingezogen wurden, dort fielen oder, wie Gabriele Münter (1877-1962), ins Exil gingen. Auch kann die Auflösung des Blauen Reiters als Ende der Stadt München als Ort der Avantgarde der modernen Kunst gesehen werden. Von nun an verlagerte sich dieses Privileg immer mehr in die Hauptstadt Berlin.
Kubismus
Der Kubismus entwickelte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Frankreich und ging aus der Strömung des Fauvismus hervor. Ähnlich wie die “Fauves” glaubten auch die Kubisten nicht mehr an die illusionistische Abbildbarkeit der Wirklichkeit. Die bloße Empfindung bei der Bildproduktion und –betrachtung war für sie jedoch nicht mehr ausschlaggebend. Sie versuchten analytischer ans Werk zu gehen und entwickelten eine neue Methode der systematischen Bildstrukturierung. Inspiriert wurden sie dabei von den Werken von Paul Cèzanne (1839-1906), der sich bereits mit seinen Darstellungen vom Gegenstand abzulösen versuchte.
Das grundsteinlegende Werk für den Kubismus war “Démoiselles d’Avignon” von Pablo Picasso (1881-1973) aus dem Jahr 1907, das in seiner Thematik und der Darstellungsweise des Aktes eine Neuerung und Provokation darstellte. Seinem Beispiel folgten die Künstler Georges Braque (1882-1963), Jean Metzinger (1883-1956), Juan Gris (1887-1927), Albert Gleizes (1881-1953) und Fernand Léger (1881-1955). Sie versuchten in ihren Darstellungen Dinge zu zerlegen und sie, auf ihre Grundelemente, wie Würfel, Zylinder, Kegel und Kugel, reduziert, neu zusammen zu setzen. Anfangs beschäftigten sie sich hauptsächlich mit Stilleben, die meist aus Krügen, Flaschen, Gläsern, Büchern und Musikinstrumenten bestanden. Grundlegend war hier die Änderung der Sichtweise des Künstlers. Der eindimensionale Blick wurde durch eine mehrperspektivische Sicht ersetzt. Die Objekte wurden gleichzeitig von mehreren Seiten abgebildet, sodass die ursprünglich plastische Form in sich überschneidende Facetten aufgelöst wurde. Sie ließen eine Eigengesetzlichkeit und Autonomie des Werkes entstehen und gaben dadurch Alltagsgegenständen die Funktion eines rein ästhetischen Objekts. Um sich in der Darstellung hauptsächlich auf die Formen konzentrieren zu können, verwendeten die Maler meist erdige Grau-/Brauntöne. Die Farbgebung sollte nicht von der formenhaften Darstellung ablenken. Damit die Formgebung unterstrichen werden konnte, wurde allerdings nicht mehr nur mit Farbe und Pinsel gearbeitet. Nun wurde auch mit Versatzstücken aus der Realität, “Objets trouvés” (frz. Gefundene Dinge), experimentiert. Dinge, wie Tapetenfetzen oder Zeitungsausschnitte, wurden zu einer neuen Art von Bild zusammengefügt. “Papiers collées” (frz. Klebebilder) erschufen so aus bereits existierenden Gegenständen einen neuen Gegenstand. Die Geburtsstunde der Collage. Genauso aber auch ein Anstoß für andere Tendenzen der modernen Kunst wie der Fotomontage und der Assemblage. Weitere Hauptvertreter des Kubismus waren František Kupka (1871-1957), Roger de La Fresnaye (1885-1925), Robert Delaunay (1885-1941), Lyonel Feininger (1871-1956), André Lhote (1885-1962) und Jean Rij-Rousseau (1870-1956), die in ihren Werken ebenfalls versucht haben alle sichtbaren und realen Gegenstände auf ihr Wesentliches zu reduzieren und sich so mit ihrer Realität auseinandersetzen wollten.
Futurismus
Zeitgleich mit dem Kubismus in Frankreich entwickelte sich in Italien um 1909/1910 der Futurismus als Avantgardebewegung. Anders als bei dem Kubismus umfasste der Futurismus alle künstlerischen Bereiche und beschränkte sich nicht nur auf die Malerei. Die Futuristen wollten mit allem vorherigen brechen und ein neues Verständnis für die Kunst und das Leben schaffen. Kubismus und Futurismus ähnelten sich in vielen Punkten. Beide setzten sich mit der Form und ihrer Zerlegung auseinander. Die Futuristen beschränkten sich jedoch nicht nur auf die kubistische Zersplitterung der Form, sondern wollten Bewegungsabläufe sichtbar machen. Dafür brachen sie die Bildfläche in facettenhafte Splitter auf. Auch spielte die Zeit einen wichtigen Faktor in ihrer Kunst. Die gezeigte Simultaneität dynamischer Vorgänge sollte den technischen Fortschritt abbilden und so ihrer Begeisterung für die technischen Neuerungen und ihrer zukunftsorientierten Einstellung Ausdruck verleihen.
Als Anstoß für diese Bewegung gilt das erste futuristische Manifest des Malers Filippo Tommaso Marinetti (1876-1944) von 1909, in dem er eine neue Kunstrichtung und eine alle Lebensbereiche umfassende neue Kultur ersinnt. Die Maler Giacomo Balla (1871-1958), Umberto Boccioni (1882-1916) und Gino Severin (1883-1966) folgten seinem Beispiel und versuchten in ihren Werken die Gleichzeitigkeit der ablaufenden Wahrnehmungsvorgänge in einer segmentierten, zerstückelten Formensprache malerisch umzusetzen. Die Kompositionen der Künstler wurden rhythmischer und ausschnitthafter. Perspektive und Umrisse lösten sich auf und Farben und formen begannen für sich zu sprechen. Ihre Werke sollten nicht das Abbild eines Ereignisses sein, sondern die Darstellung ihrer Erlebniswelt. Weitere wichtige Vertreter des Futurismus waren die Künstler Carlo Carrà (1881-1966), Luigi Russolo (1885-1947), Ottone Rosai (1895-1957), Mario Sironi (1885-1961), Ardengo Soffici (1879-1964) und Enrico Prampolini (1894-1956).
Der extreme Wunsch nach einem Wandel zog eine extreme Sicht auf die Welt nach sich. Nach Meinung der Futuristen konnte diese Änderung der allgemeinen Auffassung der Welt nur durch einen Krieg geschehen, damit alte Ansichten und Traditionen ausgelöscht werden. Trotz dieser extremen Ausrichtung und der Nähe zur anarchistischen Politik ihres Landes hatten die Futuristen mit ihrem Drang zur Schaffung einer neuen Kunstauffassung und dem Verschmelzen der Gattungsgrenzen einen hohen avantgardistischen Wert geschaffen, der von den Dadaisten später aufgegriffen wurde.
Konstruktivismus
Der Konstruktivismus entstand 1913 in Russland parallel zum Futurismus in Italien. Mit seiner konsequenten Form der geometrischen abstrakten Kunst, die durch ein hohes Maß an technischer und mathematischer Perfektion ausgezeichnet war, galt diese Stilrichtung als Absage an die Tradition des Zarentums. Die Aufbruchstimmung nach der Oktoberrevolution 1917 gab den Künstlern die Möglichkeit aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft mitzuwirken und festigte den Konstruktivismus in den Künstlerkreisen. Die Kunst orientierte sich an der technischen Produktion und die Künstler sollten als „Ingenieure der Kunst“ und „Kunstproletarier“ ideologische und materielle Aufbauarbeit leisten. Charakteristisch für diese Stilrichtung waren geometrische und technoide Primärformen, die in harmonischer Ordnung im Raum oder auf der Fläche arrangiert wurden, der Verzicht von stark bunter Farbgebung und das Experimentieren mit der Wirkung von Licht und Bewegung. Wegweisend für die Künstler des Konstruktivismus war die Werke von Michail Larionow (1881-1964) und Natalija Gontscharowa (1881-1962). Mit ihren „rayonnistischen“ Gemälden und den sich in Bewegung überkreuzenden oder parallel geführten Kraftlinien legten sie den Grundstein für den russischen Konstruktivismus.
Einer der ersten konstruktivistischen Künstler war der Maler Kasimir Malewitsch (1878-1935), der ein malerisches Konzept entwickelte, das alle Abbildungen radikal negierte. 1914/15 fertigte er sein erstes „Schwarzes Quadrat auf weißem Grund“ an, das zu einer Ikone der Abstraktion wurde. Es stand für den Ausdruck der Empfindungen des Künstlers, weil alle seine Gedanken an die gegenständliche Welt ausgeschaltet wurden. Zu den Hauptvertretern dieser Stilrichtung zählten auch Künstler wie El Lissitzky (1890-1941), László Moholy-Nagys (1895-1946), Wladimir Tatlin (1885-1953), Naum Gabo (1890-1977), Katarzyna Kobro (1898-1951), Antoine Pevsner (1884-1962), Alexander Rodtschenko (1891-1956), Olga Rozanowa (1882-1918) und Ljubow Popowa (1889-1924).
Auch europäische Künstler orientierten sich an konstruktivistischen Werken. Die holländischen Künstler Piet Mondrian (1872-1944) und Theo van Doesburg (1883-1931) gründeten 1917 die Zeitschrift „De Stijl“ und wollten mit ihrer dort veröffentlichten Kunstauffassung jegliche individuelle Willkür ausschalten und auf alles gegenständliche und erzählerische in der Kunst verzichten. Auch die Künstler des Bauhaus, wie Walter Gropius (1883-1969), wollten eine geometrische und technoide Kunst schaffen. Die Kunst sollte auf ähnlichen Prinzipien wie die modernen Produktionsprozesse basieren und so den Anschluss an das Leben wiederfinden.
De Stijl
“De Stijl” war die niederländische Antwort auf den russischen Konstruktivismus.
1917 gründeten die Künstler Theo van Doesburg (1883-1931), Bart Anthony van der Leck (1876-1958), Piet Mondrian (1872-1944), Jacobus Pieter Oud (1890-1963), Robert van’t Hoff (1887-1979), Vilmos Huszár (1884-1960) und Jan Wils (1891-1972) die Künstlergruppe “De Stijl”. Sie wollten eine Kunst schaffen, die aus völliger Abstraktion bestehen sollte und sich sowohl auf die Grundfarben Rot, Blau und Gelb, als auch auf die Farben Schwarz, Weiß und Grau konzentrierte. Einfache geometrische, scharf begrenzte Grundformen und eine horizontale und vertikale Durchgliederung der Komposition sollte ihnen dabei helfen. Sie stellten der wild und unkontrolliert wuchernden Natur die vom Menschen hergestellte Ordnung gegenüber. Wie die anderen Künstler des Konstruktivismus verwarfen sie alle alten Kunstgattungen und versuchten sich eine komplett neue Auffassung der Kunst zu schaffen, in der die sonst übliche individuelle Willkür bei der Bildfindung ausgeschaltet werden und allein die künstlerisch-ästhetische Notwendigkeit im Vordergrund stehen sollte. Dieses Ziel der Gruppe erschien 1918 in einem Manifest, in dem die Künstler ihr Programm erläuterten. Veröffentlicht wurde das Ganze in der Zeitschrift “De Stijl”, die im Gründungsjahr der Gruppe das erste Mal erschien und damit namensgebend war. Auch in den weiteren Jahren des Bestehens der Künstlergruppe sollten dort weitere Manifeste der Künstler veröffentlicht werden.
Weitere Künstler, die der Gruppe beitraten, waren Cornelius van Eesteren (1897-1988), Hans Richter (1888-1976), Gerrit Thomas Rietveld (1888-1964), Truus Schröder-Schräder (1889-1985), Georges Vantongerloo (1886-1965) und Friedrich Vordemberge-Gildewart(1899-1962).
Studio-Fotoaufnahme für Einladungspostkarte zu Hugo Balls Auftritt im Cabaret Voltaire 1916
Sophie Taeuber-Arp
Hans Arp
Dadaismus
Der Dadaismus beschreibt die Antwort einiger Künstler auf eine aus den Fugen geratene Welt.
1916 tat sich eine internationale Gruppe von emigrierten Künstlern im Züricher “Cabaret Voltaire” zusammen und probten mit eigenwilligen, alle Kunstgattungen umfassenden und futuristisch inspirierten Darbietungen den Aufstand gegen die im gerade wütenden Krieg fragwürdig gewordenen künstlerischen und kulturellen Werte. Mit bruitistischen Konzerten, Lautgedichten, absurden Textvorträgen und aus Alltagsgegenständen entworfenen Kostümen versuchten sie eine Stellung gegen den Krieg einzunehmen, der in ihren Augen sinnlos war. Ihre Auftritte gelten als Beginn der Happening- und Performance-Kunst.
Als Gründer des “Cabaret Voltaire” wurde der Begriff “Dadaismus” von dem Literaten Hugo Ball (1886-1927) geprägt. Angeblich soll er bei dem Aufschlagen eines Wörterbuches auf den Begriff “Dada” (frz. “Steckenpferd”, rumän. “Jaja”), gestoßen sein und hat diesen prompt als Beschreibung für die künstlerischen Darbietungen des “Cabaret Voltaire” in der gleichnamigen Zeitschrift verwendet.
“Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann” (Francis Picabia (1879-1953))
Künstler, wie Hans Arp (1886-1966), Richard Huelsenbeck (1892-1974), Johannes Baader (1875-1955), Tristan Tzara (1896-1963) und Marcel Janco (1895-1984) wollten gegen die Dummheit und Eitelkeit der Menschen protestieren. Sie führten mit ihrer Kunst alle gültigen Werte ad absurdum und versuchten so die Menschen zum Nach- und Umdenken anzuregen. Sie waren gegen die überkommenen bürgerlichen Werte. Ihre teils grenzüberschreitende Kunst basierte auf Unsinn und Zufall. Sie schufen dadurch eine Art Anti-Kunst, die mit dem eigentlichen Kunstbegriff nichts mehr zu tun hatte. Ein neues Kunstverständnis wurde gefordert. Der Künstler Marcel Duchamp (1887-1968), zum Beispiel, zeigte mit seinen Ready-mades, die unter anderem aus dem Vorderrad eines Fahrrads oder einem Urinbecken bestanden, das Kunst erst an seinem Ausstellungsort zur Kunst wird und damit nicht nur vom Werk selbst, sondern auch vom Ort abhängig ist. Auch Kurt Schwitters (1887-1948) versuchte mit seinen Collagen und Assemblagen zu zeigen, dass die Kunst einer Eigengesetzlichkeit unterliegt. Genauso wie die Künstler Hannah Höch (1889-1978), Raoul Hausmann (1886-1971) und John Heartfield (1891-1968) mit ihren Photomontagen. Ein weiteres Leitmotiv dieser Bewegung war die Maschine. Anders als bei den Futuristen sollte sie nicht verherrlicht werden, sondern als Symbol für die missratene gesellschaftliche Situation stehen. Auch Künstler wie Max Ernst (1891-1976), George Grosz (1893-1959), Kurt Günther (1893-1955), Otto Griebel (1895-1972) und Otto Dix (1891-1969) nahmen in ihren Werken darauf Bezug.
Durch die internationale Vertretung der Künstler nahm der Dadaismus weltweiten Einfluss auf die Kunstentwicklung. Im Holland der 1920er Jahre nahm die Zusammenarbeit der Dadaisten mit den Konstruktivisten zu. In Frankreich wurde die Entwicklung zum Surrealismus dadurch in die Wege geleitet.
Bauhaus
Das “Bauhaus” war eine von Walter Gropius (1883-1969) 1919 gegründete Werkschule in Weimar, die zum Ziel hatte Kunst und Handwerk (wieder) zusammenzuführen. Damit wurde sie zu einer der wichtigsten Kunstschulen der europäischen Moderne, da nicht nur bedeutende Künstler, wie Paul Klee (1879-1940), Lyonel Feininger (1871-1956), Josef Albers (1888-1976), Oskar Schlemmer (1888-1943), Wassily Kandinsky (1866-1944), Johannes Itten (1888-1967) und Lázló Moholy-Nagy (1895-1946), an die Schule berufen wurden, sondern sie auch Strömungen aus den meisten modernen Kunstrichtungen vereinte. Sie sollte als Sinnbild für soziale Einheit und für das glückliche Miteinander der Menschen stehen. Es sollte eine Verbindung von bildender, angewandter und darstellender Kunst geschaffen werden.
Bis 1923 werden die Werke der Künstler von einer zunächst expressionistischen Formensprache geprägt, die sich nach und nach zu einer rationaleren und technisch orientierten Ausrichtung wandelt. Sich damit auch verstärkt an den Erfordernissen der Industriegesellschaft orientiert und versucht, wie der Konstruktivismus und Futurismus, Kunst und Technik zu vereinen. Diese Prägung verstärkt sich durch die Berufung von Künstlern wie Theo van Doesburg (1883-1931), der als Mitglied der Künstlergruppe “De Stijl” den konstruktivistischen Einfluss mit ans Bauhaus bringt und Künstler wie Marcel Breuer (1902-1981) in seinen Möbeln, die aus betonten, klar gegliederten Linien und Winkeln bestehen, beeinflusst.
1925 zog die Schule nach Beschränkungen und Drängen von rechtskonservativen Parteien nach Dessau um und wurde dort unter der Leitung von Hannes Meyer (1889-1954) weitergeführt. 1932 wurde das Bauhaus schließlich durch einen Beschluss der NSDAP geschlossen. Auch wenn der Architekt Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969) versuchte die Schule als private Kunstschule und “Freies Lehr- und Forschungsinstitut” in Berlin fortzuführen, schlug der Versuch ein Jahr später fehl. Da das Bauhaus unter Auflagen der NSDAP als kommunistischer Treffpunkt betitelt wurde, musste die Schule aufgelöst werden.
Neue Sachlichkeit
Oft auch als eine Art von Nach- oder Antiexpressionismus bezeichnet, beschreibt die “Neue Sachlichkeit” eine meist distanzierte, gegenständliche Malerei. Aus dem neuen Lebensgefühl der frühen 1920er Jahre entwickelt, zeigt sie eine neue Sicht auf die Welt. Das kleine, banale Glück des bescheidenen Lebens und die Einsicht in irdische und soziale Zwänge prägte die Einstellung der Künstler zur Wirklichkeit. Mit der Machtübernahme Hitlers wurde dieser neuen Stilrichtung schnell ein Ende bereitet, da sowohl die Darstellungsweise als auch die künstlerische Haltung der Maler selbst kein Verständnis fanden. Eine illusionslose Sicht auf die Dinge vereinte die doch oft unterschiedlichen Künstler dieser Stilrichtung. In den meisten deutschen Kunstzentren vereinten sich die Vertreter der “Neuen Sachlichkeit” um einen Mittelpunkt, wie in Karlsruhe um die Akademie oder in München um den Künstler Georg Schrimpf (1889-1938). Zu dessen Gruppe die Künstler Carlo Mense (1886-1965), Alexander Kanoldt (1881-1939), Heinrich Maria Davringhausen (1894-1970) und Richard Seewald (1889-1976) zählten. In Dresden wurden die Künstler durch ein gemeinsames sozialrevolutionäres, parteipolitisches Engagement vereint. Maler wie Conrad Felixmüller (1897-1977), Otto Griebel (1895-1972) und Hans Grundig (1901-1958) stellten in ihren Werken ihre politische Sicht auf die Welt auf eine realistische und nüchterne Art und Weise dar. In Berlin dagegen lässt sich kein einheitliches Bild finden. Für viele Künstler, wie Franz Radziwill (1895-1983) und Gert Wollheim (1894-1974), als Durchgangsstation genutzt um Aufträge zu suchen, umfasst die Hauptstadt als Kunstzentrum eine Bandbreite der “Neuen Sachlichkeit”, die vom Spätexpressionismus und Dadaismus über den Konstruktivismus bis zum Realismus eines Heinrich Zille (1858-1929) und Otto Nagel (1894-1967) reicht. Auch Maler wie Hans Baluschek (1870-1935), Gustav Wunderwald (1882-1945), Rudolf Schlichter (1890-1955) und Christian Schad (1894-1982) gehörten zu diesem nicht fassbaren Kreis von Künstlern. Neben den Kunstzentren stachen auch einige Künstlerpersönlichkeiten hervor, die mittlerweile als Identifikationsfigur dieser Stilrichtung gesehen werden können und nicht nur durch ihre künstlerische Ausführung auffielen, sondern auch andere Künstler ihrer Zeit beeinflussten. Maler, wie Otto Dix (1891-1969), George Grosz (1893-1959) und Max Beckmann (1884-1950) stellten ihre Motive in einer naturalistischen Treue bis ins kleinste Detail dar. Anders dagegen Maler, wie Anton Räderscheidt (1892-1970) und Rudolf Dischinger (1904-1988), die durch ihre bis zur Anonymität gesteigerten schablonenhaften Menschendarstellung herausstachen.
Verismus
Verismus, auch „wahre Kunst“ (lat. verus = wahr) genannt, stellt neben dem magischen Realismus eine weitere Stiltendenz der Neuen Sachlichkeit dar. Sie lässt sich zeitlich auf den Zeitraum nach Ende des Ersten Weltkrieges (1918) bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten (1933) einschränken.
Der Begriff „Verismus“ kam das erste Mal durch den Kunstkritiker Wilhelm Hausenstein 1920 auf, der sich dabei auf die Beschreibung der Werke von Heinrich Maria Davringhausen (1894-1970) und George Grosz (1893-1959) bezog, die sich in ihren Werken mit der vorangegangen und aktuellen Situation innerhalb der Gesellschaft auseindersetzten.
Mit einer strengen gegenstandsverhafteten realistischen Bildsprache versuchten die Künstler die Zustände der Gesellschaft, dass heißt die Schrecken des Krieges, den Sittenverfall der Großstädte und das soziale Elend darzustellen und gleichzeitig zu verarbeiten. In teilweise grotesken, satirisch zugespitzten Übersteigerungen wurden oft Kriegsversehrte, Krüppel, Prostituierte, Säufer, Bettler auf er einen Seite und auf der anderen Seite die dekadente Oberschicht abgebildet. Das Augenmerk lag also auf der sozialen Schere, die sich zwischen der Oberschicht und der proletarischen Unterschicht aufgetan hatte, der „neuen“ Rolle der Frau und den stärker werdenden Schattenseiten der Gesellschaft. Oft standen die Künstler der Arbeiterklasse sehr nahe und versuchten ihre Kunst in einen revolutionär-proletarischen Kontext zu setzen und damit zu politisieren. Hierbei spielte das Portrait eine große Rolle, da sich die Maler mehr und mehr auf die sozialen Gefüge und Zustände konzentrierten.
Zu den Hauptvertretern des Verismus zählten die Künstler Otto Dix (1891-1969), George Grosz, Rudolf Schlichter (1890-1955), Karl Hubbuch (1891-1979), Karl Rössing (1897-1987), Otto Griebel (1895-1972), Wilhelm Lachnit (1899-1962), Curt Querner (1904-1976), Ernest Neuschul (1895-1968), Jeanne Mammen (1890-1976) und teilweise in seinen Werken auch Max Beckmann (1884-1950).
Magischer Realismus
Eine Stiltendenz innerhalb der Neuen Sachlichkeit, deren Namen durch den Kunstkritiker Franz Roh in seinem Buch „Nach-Expressionismus: Magischer Realismus“ (1925) geprägt wurde. Der Name sollte einen Stil beschreiben, der sich innerhalb der Neuen Sachlichkeit gebildet hatte und der eine starke Ähnlichkeit zum italienischen Stil Pittura Metafisca, für den die geheimnisvoll wirkenden Werke des Malers Giorgio de Chirico (1888-1978) ausschlaggebend waren, aufzeigte.
Die Malerei des magischen Realismus stellte eine Verknüpfung von realistischen und surrealistischen Formelementen dar, die durch eine raffiniert kombinierte Räumlichkeit und eigentümliche, traumhaft-magische Lichteffekte eine „dritte Realität“ hervorrief. Eine Verschmelzung von realer Wirklichkeit und magischer Realität, bestehend aus Traumvisionen und Halluzinationen. Mit einer objektiven Innerlichkeit sollten die Motive, die sich hauptsächlich mit den Veränderungen der aktuellen Lebenswirklichkeit, der Mensch zwischen Technik und Maschinen, beschäftigten, exakt dargestellt werden. Fotografisch genau und trotzdem durch eine kühle Bildsprache verfremdet und fern wirkend, nahm der magische Realismus eine Position zwischen dem Fotorealismus und Surrealismus, zu dem ein fließender Übergang bestand, ein.
Zu den Hauptvertretern dieser Stiltendenz zählen die Künstler Christian Schad (1894-1982), Carl Grossberg (1894-1940), Franz Radziwill (1895-1983) und in Teilen seines Werkes auch Georg Scholz (1890-1945). Mit ihren überscharfen Darstellungen aus dem großstädtischen Alltag, die zwar auf eine realistische, aber dennoch entfremdete Weise mit geschlossenen Farbflächen gestaltet waren, versuchten die Maler trotz einer genauen Wiedergabe zum Nachdenken anzuregen und ließen teilweise dämonische, bedrohliche, aber auch traumhafte Stimmungen mit einfließen.
Weitere Künstler, deren Werke dem magischen Realismus zu geordnet werden können, sind Heinrich Maria Davringhausen (1894-1970), Walter Gramatté (1897-1929), Georg Schrimpf (1889-1938), Käthe Kollwitz (1867-1945), Franz Sedlacek (1891-1945) und Pierre Roy (1880-1950).
In den 1960er Jahren kam der magische Realismus bei einigen Künstlern erneut auf. Sie schufen Werke mit Bezug auf die Neue Sachlichkeit, die durch ihre magische Objektsprache an Darstellungen dieser Stiltendenz vor dem Zweiten Weltkrieg erinnerten. Maler wie Konrad Klapheck (1935), Ernst Marow (1934-2018) und Ricco Wassmer (1915-1972) zählen dazu.
Surrealismus
Anfang des 20. Jahrhunderts änderte sich die Kunstauffassung der Künstler. Sie glaubten nun nicht mehr an die sichtbare Wirklichkeit und waren auf der Suche nach einer allumfassenden Wirklichkeit, einer „Überwirklichkeit“. Für sie war die Traumwelt in ihrer Kunst von großer Bedeutung. Wichtige Impulse erhielten sie dabei durch die Psychoanalyse von Sigmund Freud. In seinen Untersuchungen zur Traumdeutung fand er heraus, dass ein Großteil unseres Seelenapparats unterhalb der Oberfläche in den Tiefen des Unbewussten liegt und dass das Denken, Fühlen und Handeln des Menschen von nicht bewussten Kräften entscheidend geprägt wird. Die Künstler versuchten eine Welt der verdrängten Erfahrungsbereiche, die oft in Traumbildern oder halluzinatorischen Erscheinungen und bildlichen Suggestionen hervorgerufen werden, in ihrer Kunst auszudrücken. An Stelle der realen Außenwelt trat eine seelische Realität. In realistischen Darstellungen wurden irreale Bildsituationen dargestellt. Die gegenständliche Welt wurde in überdeutlicher Malweise, oft grotesk verzerrt und mit einer meist kühlen und klaren Farbgebung verfremdet dargestellt. Sie wollten Denkanstöße bei dem Betrachter anregen und so ihr gewandeltes Verständnis der Welt weitergeben.
Der Künstler André Breton (1896-1966) verfasste 1924 sein „Manifeste du Surrealism“, indem er zu dieser Neuerung in der Kunst aufrief. Künstler, wie Salvador Dalí (1904-1989), Joan Miró (1893-1983), René Magritte (1898-1967) und Frida Kahlo (1907-1954), folgten seinem Beispiel und versuchten in ihren Werken die Gegensätze von Schein / Wirklichkeit und Bild / Abbild aufzuheben.
Die italienischen Künstler Carlo Carrà (1881-1966), Giorgio Morandi (1890-1964) und Giorgio de Chirico (1888-1978) schufen eine realistische Alternative zu dem dort vorherrschenden Futurismus, der dem Surrealismus gleichkam: „Pittura metafiscia“. Sie versuchten sich in ihren „überwirklichen“ Darstellungen auf die Kunst des Quattrocento, insbesondere auf die Kunst von Paolo Uccello (1397-1475) und Piero della Francesca (um 1410/20-1492), zurück zu besinnen.
Aber auch weitere Künslter weltweit, wie Hans Arp (1886-1966), Leonora Carrington (1917-2011), Paul Delvaux (1897-1994), Oscar Dominguez (1906-1957), Marcel Duchamp (1887-1968), Pierre Roy (1880-1950), Kay Sage (1898-1963) und Yves Tanguy (1900-1955), fanden meist durch Aufenthalte in Paris zu dieser Stilrichtung.
Die bedeutendsten Vertreter des Surrealismus unter den deutschen Malern waren Meret Oppenheim (1913-1985), Hans Bellmer (1902-1975), Edgar Ende (1901-1965) und Richard Oelze (1900-1980), die ebenfalls durch ihre Aufenthalte in der französischen Hauptstadt zu einem Umdenken in der Kunst inspiriert wurden. Am bekanntesten unter den deutschen Malern ist Max Ernst (1891-1976). Er versuchte den Zufall in seine Werke mit einzubeziehen und setze dafür auf unberechenbare Techniken, wie die Frottage, Grattage und Decalcomanie. Sie halfen ihm abstrakte Strukturen zu schaffen, die im Grunde nichts darstellen, aber dazu verleiten sich ein individuelles Bild zuschauen und selbst Dinge in die Darstellung hineinzusehen.
Phantastischer Realismus
Der Phantastische Realismus entwickelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg aus den surrealistischen Werken des Künstlers Hans Bellmer (1902-1975) und den Werken von Salvador Dalí (1904-1989). Besonders in Österreich und Deutschland versuchten die Künstler mit dieser Stilrichtung die traumatischen Erlebnisse des Krieges zu verarbeiten.
Erstmals wurde der Begriff „Phantastischer Realismus“ in den 1950er Jahren durch den österreichischen Kunstkritiker Johann Muschik geprägt, der damit die Werke einer Gruppe von Wiener Künstlern um Albert Paris Gütersloh (1887-1973) und Edgar Jené (1904-1984), Wiener Schule des Phantastischen Realismus, beschrieben hatte und die bei einer gemeinsamen Ausstellung 1956 im Wiener Belvedere gezeigt wurden.
Die Grundlagen dieses Stils finden sich zwar im Surrealismus und magischen Realismus, jedoch versuchten die „Phantasten“, anders als die Surrealisten, die einen rein intuitiven Zugang zur Kunst schaffen wollten, sich auf eine zielgerichtete und durchdachte Bildfindung zu konzentrieren. Mit einer Malweise, die an die technische Perfektion der alten Meister, wie Pieter Brueghel (1564-1636), Hieronymus Bosch (1450-1516) und Piero della Francesca (1420-1492), angelehnt war, hoben sich die Werke der „Phantasten“ von der abstrakten Kunst ab. Sie stellten auf manieristisch wirkende und grotesk-figürliche Weise Motive aus dem Alten Testament, der Apokalypse, Mythen und Traumvisionen dar. Oft wiesen die Darstellungen erotische Tendenzen auf.
Zu den Hauptvertretern lassen sich Künstler wie Fritz Aigner (1930-2005), Arik Brauer (1929-2021), Gisela Breitling (1939-2018), Edgar Ende (1901-1965), Ernst Fuchs (1930-2015), Rudolf Hausner (1914-1995), Anton Lehmden (1929-2018) und Ludwig Schwarzer (1912-1989) zählen.
Neben der Wiener Schule des Phantastischen Realismus gehörten auch Maler, wie Horst Janssen (1929-1995), Fabius von Kugel (1910-2000), Franz Radziwill (1895-1983), A. Wiard Wiards (1939) und Paul Wunderlich (1927) zu Vertretern diesen Stils.
Informel
„Informel“ oder „art informel“, französisch für „formlose Kunst“, umfasst viele verschiedene Stilrichtungen und Auslegungen der abstrakten Malerei in der Nachkriegskunst. Die Künstler stellten die Malerei auf die Probe. Sie entfernten sich von der traditionellen Abbildfunktion und versuchten individuelle Ausdrucksformen zu finden ohne Utopien zu erschaffen. Namensgebend war die von Michel Tapié 1951 im Pariser Studio Facchetti kuratierte Ausstellung „Signifiants de l’Informel“, bei der abstrakte Werke von Künstlern, wie Georges Mathieu (1921-2012), ausgestellt wurden.
Um 1950 entwickelte sich in Paris ausgehend von dem surrealistischen „écriture automatique“ ein neuer Stil mit einer unkontrollierten und impulsiven Handschrift, der „Tachismus“. Die Maler Georges Mathieu, Jean Fautrier (1898-1964), Henri Michaux (1899-1984)und Wols (i.d. Alfred Otto Wolfgang Schulze) (1913-1951) waren ausschlaggebend für diesen Neuanfang.
In Deutschland übernahmen in abgewandter Form Künstler, wie Hann Trier (1915-1999), Ernst Wilhelm Nay (1902-1968), Carl Buchheister (1890-1964), K.R.H. Sonderborg (i.d.Kurt R. Hoffmann) (1923-2008), Peter Kuckei (1938) und Emil Schumacher (1912-1999), den neuen Stil und subsumierten ihn unter dem Begriff „Informel“.Auch bildeten sich bei dieser Kunstrichtung in den einzelnen Kunstzentren Deutschlands verschiedene Künstlergruppen heraus. 1952 schlossen sich in Frankfurt Karl Otto Götz (1914-2017), Otto Greis (1913-2001), Heinz Kreutz (1923-2016) und Bernhard Schulze (1915-2005) zu der Künstlergruppe „Quadriga“ zusammen. Ein Jahr später wurde die „Gruppe 53“ gegründet. Ihr gehörten unter anderem Gerhard Hoehme (1920-1989), Winfred Gaul (1928-2003) und Peter Brüning (1929-1970) an. In München fanden sich auf Initiative des Kunstkritikers John Anthony Thwaites und des Malers Rupprecht Geiger (1908-2009) die Künstler Willi Baumeister (1889-1955), Rolf Cavael (1898-1979), Gerhard Fietz (1910-1997), Willy Hempel (1905-1985), Brigitte Matschinsky-Denninghoff (1923-2011) und Fritz Winter (1905-1976) 1949 zur Künstlergruppe „ZEN49“ zusammen.
Hauptelement diesen Stils war die Formlosigkeit und Spontanität des Künstlers. Das Werk wurde zum Dokument des Arbeitsprozesses. Der Malakt wurde wichtiger als das fertige Werk. Ein realistisches Abbild der Wirklichkeit des Malers. Ihm war es überlassen inwieweit er Rücksicht auf ästhetische Konventionen oder traditionelle Kompositionsmuster nahm. Das Dargestellte war nicht mehr auf den ersten Blick zu erkennen. Der Betrachter wurde zum Nachdenken über sich selbst und seine Welt gezwungen.
Auch wenn „Tachismus“ und „Informel“ mit zwei verschiedenen Begriffen eine sehr ähnliche Stilrichtung beschreiben, sich gegenseitig und die Kunst Europas beeinflusst haben, entstand in Amerika unabhängig davon eine ähnliche Kunstrichtung. Der „abstrakte Expressionismus“, der „Action Painting“, „Farbfeldmalerei“ und „Hard Edge“ mit einschloss. Künstler, wie Jackson Pollock (1912-1956), Barnett Newman (1905-1970), Mark Rothko (1903-1970), Clyfford Still (1904-1980), Robert Motherwell (1915-1991) und Willem de Kooning (1904-1997) spielten bei der Entwicklung dieser neuen Art der Malerei eine große Rolle. Man versuchte aus dem Prozess des Malens eine Aktion zu machen. Nicht mehr auf traditionelle Weise ein Gemälde zu schaffen, sondern sich in dem Schaffensprozess mit Geist und Körper zu verlieren. Sie entwickelten den Gedanke des „Informel“ auf gewisse Weise weiter.
Op-Art
Op-Art, eine Abkürzung für „optical arts“, beschreibt eine Stilrichtung, die mit der optischen Wahrnehmung des Betrachters spielen soll. Mitte der 1950er Jahre entstanden, kam der Begriff selber erst im Zuge der ersten bedeutenden Op-Art Ausstellung in New York 1964/1965 auf. Vorläufer lassen sich im Futurismus, Dadaismus und Konstruktivismus, die mit ihren Werken in kontrastreicher Farbgebung eine große Ähnlichkeit zu den Werken der Op-Art aufweisen, finden.
Abstrakt reduzierte Formmuster und geometrische Farbfiguren sollten einen irritierenden optischen Effekt erzielen. Durch sich wiederholende musterartige Strukturen ließen die Künstler den Eindruck von Bewegung aufkommen. Es entstanden optische Täuschungen und Flimmereffekte, die sich oft durch die gezielt genutzte Wirkung von Farbkontrasten hervorrufen ließen. Viele der Werke wurden in Serien geschaffen.
Das eigentliche Ziel der Op-Art Künstler war das Thematisieren des Sehvorgangs. Die optische Wirkung von Licht, Luft, Bewegung und Raum sollte imitiert werden. Teilweise wird diese Stilrichtung als eine Art Weiterentwicklung der „Konkreten Kunst“ gesehen, auch wenn die Künstler zu dieser Zeit, anders als die Künstler der OP-Art, nach Maßhaltigkeit, Ausgewogenheit und Geschlossenheit strebten.
Ihre endgültige Ausprägung erhielt die Op-Art durch die Künstler Victor Vasarely (1908-1997) und Josef Albers (1888-1976), die in ihren Werken die Einflüsse des Bauhaus und Konstruktivismus von László Moholy-Nagy (1895-1946) verarbeiteten. Zu den weiteren Hauptvertretern diesen Stils lassen sich Jésus Raphael Soto (1923-2005), Bridget Riley (1931), Jean-Pierre Yvaral (1934-2002), Heinz Mack (1931), Cruz Diez (1923-2019), Julio Le Parc (1928), Youri Messen-Jaschin (1941), Adolf Fleischmann (1892-1968), Hans Hinterreiter (1902-1989), Edna Anbrande (1917-2008), Martha Boto (1925-2004) und Eduarda Emilia Mainz, bekannt als Dadamaino (1930-2004), zählen.
Zero
„Zero“ beschreibt eine nicht endgültige Künstlergruppe, bestehend aus den Düsseldorfer Künstlern Otto Piene (1928-2014), Heinz Mack (1931) und Günther Uecker (1930), ab Mitte der 50er Jahre, die sich selbst eher als Bewegung oder Strömung wahrgenommen hat. Sie wollten eine Dimension der neuen Möglichkeiten schaffen. Kunst sollte zum Ort der Träume werden. Sie standen für den neuen Idealismus einer optimistischen weltweiten Kunst, die geprägt wurde durch lichtvolle Monochromie und wollten ein neues Bild der Kräfte der Natur und dem was aus ihnen hervorgegangen war vermitteln. Eine Verbindung von Technik und Natur.
1955 öffneten ein paar junge Düsseldorfer Künstler, wie Kurt Link (1926-1996), Heinz Mack, Hans Salentin (1925-2009), Charles Wilp (1932-2005) und Otto Piene zusammen ein Atelier in Düsseldorf. Da es zu dieser Zeit nur wenige Galerien, wie die des Galeristen Alfred Schmela (1918-1980), gab, die sich für neue Kunstrichtungen interessierten, organisierten Heinz Mack und Otto Piene „Abendausstellungen“. Eine Ausstellung, die jeweils nur an einem Abend stattfand. Künstler, wie Karl Fred Dahmen (1917-1981), Johannes Geccelli (1925-2011), Leo Erb (1923-2012), Gerhard Hoehme (1920-1989) und Fred Thiele (1916-1999) stellten dort mit aus. Anfänglich ohne verbindendes Konzept fand 1958 unter dem Namen „Das Rote Bild“ die erste „Abendausstellung“ mit einem übergreifenden Thema statt. Anlässlich dieser Ausstellung veröffentlichten die Künstler Heinz Mack und Otto Piene eine Zeitschrift mit dem Titel „Zero“, die aus Beiträgen von Theoretikern und Künstlern bestand, die an der Ausstellung beteiligt waren. „Zero“ stand für einen Zustand des Neubeginns. Einem Ort neuer Möglichkeiten, an dem sich der alte Zustand der Kunst in einen neuen unbekannten verwandeln konnte. Ein Name, der also nicht nur passend für das Magazins sondern auch für die Bewegung selbst war. Inspiriert und unterstützt wurden diese Künstler auch von internationalen Vertretern einer ähnlichen Kunstauffassung, wie den Künstlern Lucio Fontana (1899-1968), Jesús Rafael Soto (1923-2005), Jean Tinguely (1925-1991) und Yves Klein (1928-1962). 1967 löste sich die Zusammenkunft der drei Künstler auf. Zwar waren sie noch freundschaftlich verbunden, allerdings wollten sie nicht mehr nur als anonyme Gruppe wahrgenommen werden, sondern als einzelne Künstlerpersönlichkeiten.
Pop-Art
Ab den 1950er Jahren veränderte sich bei einem Großteil der amerikanischen Künstler das Verständnis für die Kunst. Sie wollten die illusionistische Kunstwelt zerstören und sie ins Leben integrieren. Woran erkennt man Kunst, wenn sie sich nicht mehr von alltäglichen Dingen unterscheidet? Mit dieser Frage beschäftigten sich Künstler, wie Jasper Johns (1930) und Robert Rauschenberg (1925-2008). Mit ihrer Relfexion über Kunst und ihre abbildliche und symbolische Funktion, versuchten sie neue Gestaltungsformen und –arten zu finden.
Durch diesen künstlerischen Ansatz gelten sie als die Wegbereiter der Pop-Art. Ende der 1950er Jahre versuchten die Künstler immer mehr die banalen Dinge des Alltags zu Kunstwerken zu erheben, sodass die Kunst für jedermann verständlich wurde. Sie begannen die mediale Bilderflut der Massenmedien in ihre Kunst zu integrieren. Künstler wie Tom Wesselmann (1931-2004), Richard Hamilton (1922-2011), Claes Oldenburg (1929), Roy Lichtenstein (1923-1997) und David Hockney (1937) machten die Konsumwelt zu dem neuen Motiv ihrer Kunst. Aber nicht nur das Integrieren der industriellen Massenkultur und Massenmedien, sondern auch die serielle Anfertigung der Werke zeigt das neue Kunstverständnis. Einer der wichtigsten Vertreter der Pop-Art, der Künstler Andy Warhol (1928-1987), verband mit seinen Werken diese neue Umsetzung. Mit den Darstellungen von bekannten Persönlichkeiten, aber auch mit den Darstellungen von Waren des Konsums, wie in seinem Werk “Campell Soup Cans” von 1962, griff er den Wunsch nach Integration von Alltagsgegenständen und Bildern der Massenmedien auf. Auch das Siebdruckverfahren, mit dem er als einer der ersten seriell seine Werke anschaffen konnte, zeigt wie umfassend Pop-Art eigentlich ist.
Nicht nur in Amerika kam der Wunsch nach einer Auseinandersetzung mit den neuen Konsummöglichkeiten und dadurch auch mit einer Realitätsflucht der Nachkriegszeit auf. Auch deutsche Künstler setzen sich mit diesem Thema auseinander und versuchten das Gewöhnliche künstlerisch umzusetzen.
Einer der ersten deutschen Künstler, der ein Interesse an dieser gegenständlichen Malerei zeigte, war Konrad Klapheck (1935). Unter ihm entstand zusammen mit den Künstlern Gerhard Richter (1932), Sigmar Polke (1941-2010), Manfred Kuttner (1937-2007) und Konrad Lueg (1939-1996) in Düsseldorf 1963 im Geiste des Pop der “Kapitalistische Realismus”, der ein ironisches Pendant zum “Sozialistischen Realismus” darstellte. Eine kritische und ironisierende Sicht auf die kapitalistische Wohlstandsgesellschaft Westdeutschlands verbindet die Künstler dieser Bewegung. Da das Rheinland auf Grund der guten ökonomischen Situation zu Zeiten des Wirtschaftswunders eine Schlüsselrolle einnahm, entwickelte sich gleichzeitig eine weitere Kunstbewegung des German Pop, die rheinische Szene mit den Künstlern HP Alvermann (1931-2006), Peter Brüning (1929-1970) und Winfred Gaul (1928-2003).
Die Künstler Wolf Vostell (1932-1998), KP Brehmer (1938-1997) und Herbert Kaufmann (1924-2011), die an der Düsseldorfer Kunstakademie studiert hatten, siedelten nach Berlin über und brachten die Pop-Welle dorthin. Inspiriert von den drei Düsseldorfer Künstlern gründeten unter anderem die Maler Karl Horst Hödicke (1938) und Lambert Maria Wintersberger (1941-2013) 1964 die Produzentengalerie Großgörschen 35. Im gleichen Jahr folgte René Block (1942) mit der Gründung seiner Galerie. Beide wollten junge deutsche Künstler zeigen und ihnen die Chance auf eine Gleichberechtigung zu den schon aufgestrebten amerikanischen Künstlern der Pop-Art bieten.
Da Frankfurt am Main durch eines der amerikanischen Hauptquartiere, der ersten Shopping-Mall nach amerikanischem Vorbild, dem Flughafen, den Banken und der Börse amerikanischer wirkte als andere deutsche Städte, waren die Künstler und das Publikum dort sehr empfänglich für die Pop-Art. Die Künstler Thomas Bayrle (1937) und Peter Roehr (1944-1968) grenzten sich zwar mit ihrer Darstellungsweise von den anderen Künstlern ab, jedoch hatten sie mit diesen auch den analytischen Blick auf die Massenmedien und das kleinbürgerliche Leben gemein.
Auch andere Kunstbewegungen wie die Münchner Gruppen SPUR, WIR und GEFLECHT wurden durch die Pop-Art beeinflusst. Künstler, wie Lothar Fischer (1933-2004), Heimrad Prem (1934-1978), Helmut Sturm (1932-2008), Uwe Lausen (1941-1970) und Michael Langer (1929) setzten sich mit den Darstellungsformen auseinander und wandelten sie zu ihren eigenen um.
Aber nicht nur männliche Künstler zählten zu den wichtigsten Vertretern der Pop-Art in Deutschland, auch weibliche Künstlerinnen, wie Christa Dichgans (1940-2018), Bettina von Arnim (1940) und Ludi Armbruster (1938-2014) entwickelten ihre Form des Pop.
Die neuen Wilden
“Die neuen Wilden”. Ein Begriff, mit dem der Kunsthistoriker Wolfgang Becker ursprünglich die Ähnlichkeit des französischen Fauvismus des beginnenden 20.Jahrhunderts und der neoexpressionistischen Kunst aufzeigen wollte. Anfang der 1980er Jahre schlossen sich Künstler in verschiedenen Städten Deutschlands zu lockeren Gruppen zusammen und experimentierten mit neuen gestalterischen Formen. Hauptsächlich großformatige Bilder mit stark betonter Malweise durch schwungvolle und heftige Pinselstriche, eine kräftige Farbigkeit und eine gezielte Formlosigkeit entstanden. Oft wurden existenzielle Themen wie Angst und Sexualität aufgegriffen. Ein Versuch der Demontage des traditionellen Kunstbegriffes, der Befreiung durch Kunst von repressiven Zwängen des Intellekts der Kunst der vergangenen Jahre. Aber nicht nur große Leinwände sind ausschlaggebend für diese Stilrichtung. Auch das Verbinden verschiedener künstlerischer Gestaltungsformen wie Texte, Fotografie, Mode, Performance, Film und Musik, ist charakteristisch für die individuelle, provozierenden und auffällige Gestaltungsart. Gruppen wie die der Berliner Künstler Salomé (1954), Rainer Fetting (1949), Helmut Middendorf (1953) und Bernd Zimmer (1948) oder der Kölner Künstler Peter Bömmels (1951), Hans-Peter Adamski (1947), Walter Dahn (1954) und Jiří Georg Dokoupil (1954) lassen sich zwar unter einer gemeinsamen Stilrichtung zusammenfassen, aber sie unterscheiden sich doch in ihrem Stil und Inhalt der Bilder. Einzige Verbindung ist der ausgeprägte Individualstil, der sich im Erleben der eigenen Welt widerspiegelt. Aber auch die Künstler Werner Büttner (1954), Albert Oehlen (1954), Martin Kippenberger (1953-1997) und Markus Oehlen (1956), die hauptsächlich in Hamburg tätig waren, zeigen diesen Drang zur subjektiven künstlerischen Gestaltung.
Leipziger Schule
Die „Leipziger Schule“ beschreibt eine Strömung der Malerei der 1970er und 1980er Jahre. Eine Strömung, deren gemeinsames Anliegen ein hoher künstlerischer Anspruch, handwerkliches Können und die bewusste Analyse der Gesellschaft war. Das Entstehen einer unabhängigen Kunstauffassung neben dem, vom Staat propagierten, sozialistischen Realismus stellte sich als schwierig dar. Die Entstehung einer sozialistischen Gesellschaft sollte der Hauptaugenmerk der Kunst sein. Bauern- und Arbeiterszenen waren gefragt. Eine Strömung, die sich jedoch kritisch mit ihrer Umwelt auseinander setzt, war weniger willkommen. Die „Leipziger Schule“ versuchte ihren eigenen Stil in den vorgegeben Richtlinien zu finden, sodass unser diesem Begriff nicht nur eine Stilrichtung zu finden ist, sondern ein Zusammenschluss aus mehreren. Die Gemeinsamkeit liegt hier im Ort und der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig – damals Leipziger Kunstakademie. Wegbereitend für diese neue Entwicklung waren Lehrende der Kunstakademie. Dazugehörten Walter Arnold (1909-1979), Harald Hellmich (1931), Gerhard Kurt Müller (1926-2019), Elisabeth Voigt (1893-1977), Ernst Hassebrauk (1905-1974), Max Schwimmer (1895-1960) und Klaus Weber (1928-2018). Die nächste Generation setzte sich auch weiterhin aus Studenten, später Dozenten, der Hochschule zusammen. Kunsthistorisch betrachtet lassen sich nun zwei Hauptströmungen erkennen. Zum Einen eine eher expressive und leidenschaftliche Strömung. Künstler wie Bernhard Heisig (1925-2011), dessen Stil sich als expressiv, gestisch mit einer leidenschaftlichen Farbgebung beschreiben lässt, lassen sich dazu zählen. Aber auch Hartwig Ebersbach (1940), Sighard Gille (1941), Gudrun Brüne (1941), Frank Ruddigkeit (1939) und Peter Schürpel (1941) lassen sich stilistisch als expressiv beschreiben. Zum Anderen eine formstrenge, dingpräzise, nüchtern-sachliche Strömung. Wolfgang Mattheuer (1927-2004), der mit seinen dialektischen Metaphern und Allegorien stilistisch noch eng mit der Neuen Sachlichkeit, aber auch der deutschen Romantik verbunden war, ist ein Vertreter dieser Strömung. Aber auch Werner Tübkes (1929-2004) an der Renaissance, dem Manierismus und dem mexikanischen Muralismo orientierte Malweise, lassen den Künstler einer eher nüchtern-sachlichen und dingpräzisen Strömung folgen. Genauso zählen Heinz Zander (1939), Heinz Plank (1945), Arno Rink (1940-2017), Petra Flemming (1944-1988), Kurt Dornis (1930) und Günter Thiele (1930) mit ihren neoveristischen Stadtlandschaften und Günter Richter (1933) mit seiner surreal verfremdeten Romantik zu Vertretern dieser Richtung. Anfänglich erlangte diese Kunstauffassung außerhalb der deutschen Grenzen wenig Bedeutung, erst 2004 mit den Schülern der zweiten Generation kam der internationale Erfolg. Künstler, wie Lutz R. Ketscher (1942), Tim Eitel (1971), Martin Kobe (1973) und Matthias Weischer (1973) trugen dazu bei. Der bedeutendste Vertreter dieser Generation ist Neo Rauch (1960). Seine, dem Surrealismus nahestehenden, Werke sind geprägt von einer leuchtend opaken Farbigkeit. Die Besonderheit seiner Kunst besteht in der Überschneidung mehrerer Stilrichtungen, wie dem sozialistischen Realismus, Pop-Art und Comic. Aber auch in der Verbindung von bildender Kunst und Theater.